Akteure

Seit Jahren beeinflussen vor allem die Angehörigen einer überschaubaren Gruppe von Entscheidern den Erfolg bzw. Misserfolg von polizeilichen Informationssystemen und Polizeidatenbanken. Sie kommen

• aus den Innenministerien von Bund und Ländern,
• aus den Polizeibehörden, deren Beschaffungseinrichtungen und zugehörigen technischen Serviceeinrichtungen,
• oder sind Gewerkschaftsvertreter und sonstige Lobbyisten und
• Vertreter von Anbietern für Systeme und Service bzw. solche, die es noch werden sollen.

Individuen und Namen, so das Verständnis aus diesen Kreisen, spielen keine Rolle. Allenfalls die Tatsache, dass eine bestimmte Person eine Funktion wahrnimmt, z.B. als Vertreter und Entscheider für Ministerium oder eine bestimmte Behörde.

1. Interessenkollisionen

Dabei kommt es allerdings immer wieder zu Interessenkollisionen:

• Wenn z.B. der Bundesinnenminister gleichzeitig dem Bundesvorstand seiner Partei angehört und deren Themenschwerpunkt „Innere Sicherheit“ vor der anstehenden Bundestagswahl in der öffentlichen Wahrnehmung nach seinen Kräften fördert.
• Wenn eine kleine Polizeigewerkschaft nicht nur die Interessen ihrer Mitglieder vertritt, sondern dies gut unter einen Hut bringt mit der Absatzförderung für einen IT-Anbieter. Von dem sie dafür pro Jahr in sechsstelliger Höhe vergütet wurde.
• Wenn die Entscheider in den Innenministerien und Polizeibehörden mehrerer Bundesländer sich zusammentun: Um unter dem Dach ihrer Kooperation IT-Systeme von Kleinfirmen und Freiberuflern entwickeln zu lassen, die am Vergaberecht vorbei, mit freihändig vergebenen Aufträgen beglückt werden. Und sich dann nach Jahren herausstellt, dass diese Auftragsentwicklung gründlich in die Hose gegangen, d.h. gescheitert, ist. Aber keiner mehr danach fragt, wo eigentlich das ganze Geld geblieben ist.
• Wenn Entscheidungen auf der Ebene von Bund-Länder-Gremien von Personen getroffen werden, die nicht benannt werden und die – das zeigen die Ergebnisse solcher Entscheidungen – nicht die notwendigen Fachkenntnisse haben, um Entscheidungen zu verantworten, die nicht nur Polizei­fach­lichkeit, sondern auch eine gehörige Portion IT-Know-How und -Übersicht erfordern.

2. Nicht vorhandene fachliche, technische und finanzielle Kontrolle

Beschaffungsentscheidungen innerhalb der Behörden werden von einem kleinen Kreis von dort als Fachleute anerkannten Personen vorbereitet. Die Behördenleitung folgt i.d.R. deren Empfehlungen. Eine objektive Überprüfung solcher Empfehlungen durch Dritte findet nicht statt.

Entscheidungen über Behördengrenzen hinweg, insbesondere Entscheidungen über Bund-Länder-Systeme trifft die Konferenz der Bundesinnenminister. Diese Herren bekommen die Entscheidungsvorlagen aus ihrem jeweiligen Haus geliefert bzw. sie wird von den zuständigen Arbeitskreisen der Innenministerkonferenz (IMK) vorbereitet. Die IMK selbst nimmt diese Empfehlunen nur noch zur Kenntnis und nickt sie ab. Auch dort findet keine fachliche, technische oder finanzielle Kontrolle mehr statt.

Das ist, meiner Ansicht nach, ein wesentlicher Grund dafür, dass die Bund-Länder-Informationssysteme, über deren Entwicklung in den letzten zwanzig Jahren entschieden wurde, nicht reüssierten. Die Entscheidungen waren von politischem Wollen geprägt und nicht vom fachlich Notwendigen UND technisch Sinnvollen.