Wie arbeitet die Innenministerkonferenz?

Zum 205. Mal treffen sich in dieser Woche die Innenminister der Bundesländer und der Bundesinnenminister. Eine Liste der Themen ist öffentlich nicht bekannt. Es wird damit gerechnet, dass weitere Maßnahmen beschlossen werden, die die Innere Sicherheit verbessern sollen. Die Innenminister von CDU/CSU hatten im Sommer mit ihrer „Berliner Erklärung“ – einer sehr weitgehenden Forderungsliste – die Initiative ergriffen.

Mitglieder der Innenministerkonferenz (11.2016)

Zahlenmäßig herrscht im Herbst 2016 Gleichstand zwischen CDU/CSU- und SPD-geführten Ministerien / Senatskanzleien.

Berlin
Bayern
Baden-Württemberg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Saarland

Brandenburg
Bremen
Hamburg
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Schleswig-Holstein
Thüringen
Frank HENKEL
Joachim HERRMANN
Thomas STROBL
Peter BEUTH
Lorenz CAFFIER
Markus ULBIG
Holger STAHLKNECHT
Klaus BOUILLON

Karl-Heinz SCHRÖTER
Ulrich MÄURER
Andy GROTE
Boris PISTORIUS
Rolf JÄGER
Roger LEWENTZ
Stefan STUDT
Holger POPPENHÄGER
CDU
CSU
CDU
CDU
CDU
CDU
CDU
CDU

SPD
SPD
SPD
SPD
SPD
SPD
SPD
SPD

Der Bundesinnenminister (Thomas DE MAIZIÈRE, CDU) nimmt als ständiger Gast an den Tagungen der IMK teil, hat jedoch kein Stimmrecht.

Tagungen, Tagungsvorbereitung

  • Regelmäßige Tagungen: Frühjahr und Herbst jeden Jahres
  • Sondersitzungen bei Bedarf
  • Beschlüsse auch im schriftlichen Umlaufverfahren möglich
  • Themenvorschlage durch die Arbeitskreise, sowie Bund und Bundesländer
  • Tagungsvorbereitung durch die fachlich zuständigen Arbeitskreise (siehe unten)
  • Tagungsdurchführung im Land des Vorsitzenden der Innenministerkonferenz (wechselt jährlich)
  • Vorsitz 2016: Saarland, also Innenminister Klaus BOUILLON

Ständige Arbeitskreise der Innenministerkonferenz

     AK I

     AK II

     AK III
     AK IV
     AK V

     AK VI
Staatsrecht und Verwaltung (unter anderem Verfassungsrecht, Ausländerrecht, Datenschutz, Verwaltungsrecht)
Innere Sicherheit (unter anderem Gefahrenabwehr, Bekämpfung des Terrorismus, Angelegenheit der Polizei)
Kommunale Angelegenheiten
Verfassungsschutz
Feuerwehrangelegenheiten, Rettungswesen, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung
Organisation, öffentliches Dienstrecht und Personal

Die ständigen Arbeitskreise

  • entsprechen den Aufgabenbereichen der Innenministerien (außer Sport)
  • Teilnehmer sind die Abteilungsleiter der entsprechenden Ressorts in den Ministerien
  • Zusätzliche Teilnehmer sind im
    AK II: Die Präsidenten des Bundeskriminalamts und der Deutschen Hochschule der Polizei
    AK IV: Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz

Entscheidungsvorbereitung, Entscheidungsfindung, Veröffentlichungen

Unterhalb der Ebene der ständigen Arbeitskreise arbeiten zahlreiche weitere ständige und temporäre Arbeitsgruppen, Expertengruppen, Kommissionen usw. Wer darin Mitglied ist, ist öffentlich nicht bekannt und wird von den Ministerien auch als „Geheimsache“ behandelt. In diesen Kreisen findet die eigentliche Arbeit statt bzw. hier werden die tatsächlichen Entscheidungen so vorbereitet, dass die Innenminister kaum noch etwas anderes tun können, als – siehe unten – zur Kenntnis zu nehmen.

Kurz vor den Sitzungen der IMK tagt jeweils eine Konferenz der Staatssekretäre und Staatsräte, die die Arbeitsergebnisse der Arbeitskreise und die gesonderten Themenanmeldungen bewertet und für die Minister und Senatoren aufbereitet. Um dieses Konsensprinzip zu unterstützen und ein Mitglied nicht zum „Nein“ zu zwingen, besteht die Möglichkeit, Vorbehalte in einer Erklärung zu Protokoll zum Ausdruck zu bringen.

Für die Beschlussfassung der IMK gilt das Einstimmigkeitsprinzip; das heißt, keines der 16 Mitglieder darf gegen den Beschluss stimmen. In Anbetracht der zum Teil äußerst kontroversen Themen entsteht daher der Zwang, im Interesse eines Beschlusses aufeinander zuzugehen und Abstriche an der Maximalposition zugunsten einer von allen getragenen Lösung vorzunehmen. [1]

Die Beschlüsse der IMK sind in der Regel öffentlich, sofern nicht ein Land oder der Bund der Veröffentlichung widerspricht.

Die Themenliste vergangener Tagungen findet sich auf der Webseite der Innenministerkonferenz unter „Termine und Beschlüsse“. Sofern die Beschlüsse dazu nicht geheim sind, findet man diese unter der jeweiligen Tagung unter „freigegebene Beschlüsse“.

Typischer Aufbau eines Beschlusses der Innenministerkonferenz

  1. Die IMK nimmt den ‹name eines berichts› zur Kenntnis.
  2. Sie
    {stellt fest … | ist der Auffassung … |
    hält für sinnvoll … | hält für notwendig … | hält für erforderlich … |
    begrüßt … | spricht sich dafür aus … | betont … }
    ‹kompromissformel der auffassung der innenminister zum thema›
  3. Sie {beauftragt ‹arbeitskreis der imk› mit ‹auftrag› zum ‹termin›|
    bittet {den Bund | Bund und Länder | ‹sonstige externe stellen›} ‹bitte›>}

Kritik

Der Zwang zur Einstimmigkeit der Beschlüsse hat zur Folge, dass die Beschlüsse saft- und kraftlos und weitgehend inhaltsleer daherkommen. Dies umso mehr, wenn die zugrunde liegenden Berichte nicht zur Veröffentlichung freigegeben sind, was häufig der Fall ist. Wer in der Ministerrunde zu einem Thema welche Auffassung vertreten hat, wie groß die Übereinstimmung war, welche Mehrheiten es gegeben hat oder welche Diskussionsbeiträge – das alles sieht man den veröffentlichten Beschlüssen nicht mehr an. Denn die eigentliche Arbeit wurde zuvor in den Arbeitskreisen erbracht.

Wer mit Behörden im Geschäftsbereich der Innenministerien mal beruflich zu tun hatte, weiß, dass die nächste Tagung der Innenminister schon Monate vorher ihre Schatten voraus wirft: Im Vorfeld der Frühjahrs- und Herbsttagung werden auf der Arbeitsebene die in Auftrag gegebenen Berichte an die IMK vorbereitet und unter den Ländern abgestimmt. Was es bis auf die Ebene der Staatssekretäre, geschweige denn die der Innenminister schafft, ist schon lange ausgehandelt, weichgespült, d.h. kompromissfähig. Auseinandersetzungen zu einem bestimmten Thema gibt es nicht, den Sieg trägt der Vorschlag davon, der am ehesten den Kompromiss verspricht. Das ist häufig weit entfernt von der „besten Lösung“. Was auch damit zu tun hat, dass die Länder jede vereinbarte Lösung auch finanzieren müssen.

Was von der diesjährigen Herbsttagung zu erwarten ist

Die Innenminister von CDU bzw. CSU haben im Sommer ihre „Berliner Erklärung“ vorgelegt. Das ist eine umfangreiche Liste mit Forderungen, die die Innere Sicherheit im Land verbessern sollen. Kritiker halten weite Teile davon für Aktionismus, für weitreichende und unverhältnismäßige Eingriffe in den Alltag der Bürger und vor allem für eine weitere Verschärfung der politischen Kontrolle.

Im nächsten Jahr stehen allerdings Wahlen an:

Wahlen im Jahr 2017
Landtagswahlen
26.03.2017          Saarland
07.05.2017          Schleswig-Holstein
14.05.2017          Nordrhein-Westfalen

Bundestagswahl
xx.09.2017          Termin wird Anfang des Jahres vom Bundeswahlleiter festgelegt

Wahl des Bundespräsidenten
12.02.2017

Wahlen in Frankreich
07.05.2017          Wahl des frz. Staatspräsidenten
11.06.2017          Parlamentswahl, 1. Wahlgang
18.06.2016          Parlamentswahl, Stichwahlen

Wahl in den Niederlanden
15.03.2017          Parlamentswahl

Es ist zu erwarten, dass der politische Druck von rechtsaußen in allen Ländern die Bereitschaft der Innenminister beeinflussen wird, vielen vorgeschlagenen Law-and-Order-Maßnahmen zuzustimmen. Ohne Rücksicht darauf, ob dadurch tatsächlich mehr Sicherheit zu erwarten ist.

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Quelle

[1]    Homepage der Innenministerkonferenz
http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/homepage/homepage-node.html