Quo vadis – Polizei & IT?

Nichts spricht dafür, dass sich in der nahen und mittleren Zukunft irgendetwas Wesentliches verbessern wird am Status Quo bei Polizei & IT:
Die Erfassung und Nutzung der reichlich vorhandenen Informationen wird nach wie vor eine Frage des Zufalls bleiben.

Abgesehen von den politischen Dauerbrennern – Bekämpfung des Terrorismus und Staatsschutz – werden andere Deliktsbereiche nur dann und solange priorisiert, wie dies politisch-taktisch opportun erscheint. In den vergangenen zwanzig Jahren konnte man beobachten, wie nacheinander Rauschgiftkriminalität, Geldwäsche, Proliferation, Menschenhandel, Organisierte Kriminalität, Kinderpornografie und nun aktuell Cybercrime instrumentalisiert wurden, wenn Sicherheitspolitiker ihre taktischen Ziele verfolgten. Geändert hat sich dadurch wenig. Korruption, Steuerhinterziehung, Wirtschaftskriminalität und organisierte Kriminalität feiern fröhliche Urstände. Einbrüche, Fahrzeug-, Maschinen- und Wertstoffdiebstahl verzeichnen Spitzenwerte in den polizeilichen Kriminalstatistiken.

„Ran an die Datentöpfe“ und „mehr Informationsaustausch“ ist es, was Bundesinnenminister DeMaizière dazu einfällt. Diese Forderung ist geradezu unglaublich, weil entweder inkompetent und der Minister weiß nicht, was in seinem Geschäftsbereich tatsächlich läuft oder dreist, weil der Minister glaubt, dass keiner weiß, wie schlecht es um den Informationsaustausch tatsächlich bestellt ist. Als oberster bundesdeutscher Polizist muss De Maizière besser als andere wissen, dass beim polizeilichen Informationsaustausch so gut wie nichts funktioniert, wie es soll. Was aber soll „Mehr“ von etwas bringen, das ohnehin nicht funktioniert?!

Daran wird sich auch nichts ändern: Und auch nicht an der Tatsache, dass leistungsfähige informationstechnischen Werkzeuge für eine systematische Analyse und Auswertung solcher komplexer Delikte weder heute, noch in den nächsten Jahren verfügbar sein werden. Ganz zu schweigen von Kriminalisten, die aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung qualifiziert wären und mit solchen Werkzeugen umgehen könnten. Die Ermittlung und Aufklärung von komplexen Straftaten wird weiterhin vor allem dem Faktor Mensch und seinen Fähigkeiten überlassen. Das Erkennen von Zusammenhängen und Strukturen wird weiterhin reine Glückssache sein. Und von so manchen Zusammenhängen und Strukturen, muss angenommen werden, dass es politischer Wille ist, dass sie nicht aufgedeckt werden. Oder warum sonst spart man Fachabteilungen in der Kriminalpolizei für Organisierte oder Wirtschaftskriminalität immer mehr zusammen? Warum hat Deutschland einen so schlechten Stand im Korruptionsvergleich mit anderen Ländern? Und warum wird konsequenz weggesehen, wenn es um Steuerhinterzieung im ganz großen Stil geht?!

Beschuldigte und Geschädigte vor Gericht sollten sich darauf einstellen, dass der Ausgang des Verfahrens zum Roulette wird, wenn sich Staatsanwälte, Richter und Geschworene auf die Ergebnisse von polizeilichen Ermittlungen verlassen (müssen), die mit den aktuellen fachlichen Kompetenzen und informationstechnischen Werkzeugen und Methoden zustande gekommen sind.

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