Die Haushaltssperre des Bundes hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Sicherheitsbehörden des Bundes. Betroffen ist die gesamte „Schaffung einer gemeinsamen, modernen, einheitlichen Informationsarchitektur für die Polizei des Bundes und der Länder“, also Polizei2020 nicht nur bei BKA, BPol und ZKA, sondern auch in allen Bundesländern. Neben den unmittelbaren Folgen für Hamburg und Hessen, deren eigens für das Palantir-System geschaffene Rechtsgrundlagen verfassungswidrig sind, hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts weitreichende Folgen für die polizeiliche IT. Vor allem aber für die Einführung von VeRA, das der neue „Standard“ der Polizeibehörden von Bund und Ländern für die automatisierte Datenanalyse werden sollte. … das hat das Bundesverfassungsgericht soeben entschieden. Dies als „Eilmeldung“. Mehr folgt … Die Hoffnungen an den Einsatz von künstlicher Intelligenz sind hoch, auch in der polizeilichen Informationstechnik. Geradezu einen Hype ausgelöst hat die Veröffentlichung des Chatbots GPT vor wenigen Wochen. Der verspricht eine Beantwortung von Fragen und die Erstellung von Texten quasi wie ein Mensch. Das wäre ein immenser Fortschritt für die vielen Texte in polizeilichen Informationssystemen. Wie belastbar diese Hoffnungen sind, habe ich mir in einem Test mit Fragen und Textaufgaben näher angesehen. Wenn es einen Preis gibt für möglichst nichtssagende Antworten auf parlamentarische Anfragen hätte das Innenministerium NRW einen Spitzenplatz unter den aussichsreichsten Bewerbern verdient: Jüngste Arbeitsprobe für diese Fähigkeit ist die Replik [1] – von einer „Antwort“ im Wortsinn kann man nicht sprechen – auf die Anfrage nach dem „Analysetool der US-Firma Palantir in Nordrhein-Westfalen“, die der FDP-Abgeordnete Lürbke eingebracht hatte. Auch das Projekt eAMS, ein Teilprojekt von Polizei2020, liegt hinter dem Zeitplan. Zu einem sechzehn Monate alten Teilnahmeaufruf an interessierte Bewerber ist bis heute keine Entscheidung bekannt gemacht. Meine Presseanfrage an das BMI wurde erst ausgesessen, dann ignoriert. Grund genug also für eine Reihe von Fragen … Keine zwei Stunden war das Urteil öffentlich, mit dem der EuGH die allgemeine anlasslose Vorratsdatenspeicherung für nicht vereinbar mit dem EU-Recht erklärte. Da hatte Dr. Günter Krings, rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, auch schon eine Pressemitteilung auf der Seite seiner Fraktion raushauen lassen. Die es schafft, die erste Hälfte der sechzehn Zeilen mit Fake News zu bestreiten und die zweite Hälfte mit triefender Heuchelei. Zwei Top-Insider von Rola Security Solutions bzw. T-Systems sind seit kurzem registrierte Lobby-Vertreter der deutschen Tochter der US-Firma Palantir. Wettbewerbsverbote der bisherigen Arbeitgeber gab es offenbar nicht. Bedenken über deutsche Sicherheitsinteressen wurden bisher auch nicht öffentlich. Decken die sich neuerdings mit denen der größten Kunden der amerikanischen Palantir-Mutter – den US-Sicherheitsbehörden?! Mit einem Rahmenvertrag über fast zehn Jahre und einem Auftragsvolumen zwischen 138 und 207 Millionen Euro macht das Bundesinnenministerium (BMI) Accenture zum Generalunternehmer für Polizei2020. Das berichtete der Behörden-Spiegel am 17.05.2022 aufgrund „eigener Informationen“. Der Big Brother Award 2022 in der Kategorie ‚Verwaltung und Behörden‘ wurde gestern Abend an die deutsche Polizei verliehen, vertreten durch das Bundeskriminalamt (BKA). Grund ist die unbefristete Aussetzung der Kennzeichnungspflicht für personenbezogene Daten, die „eigentlich“ im BKA-Gesetz vor fünf Jahren verankert worden war. Wie vor fünf Jahren, kurz vor der Verabschiedung des neuen BKA-Gesetzes im Bundestag die Pflichten zur Kennzeichnung personenbezogener Daten einfach ausgesetzt wurden – und bis heute ausgesetzt geblieben sind Im Fall Amad A. haben Beamte aus Polizei und Justiz auf der Grundlage von widersprüchlichen Daten Entscheidungen getroffen, die zum Tod eines Menschen führten. Konsequenzen haben die Täter nicht zu erwarten: Der Schlussbericht des Untersuchungsausschuss im Landtag (SB) dokumentiert eine erbärmliche Kumpanei zwischen Innen- und Justizministerium und dem Sicherheitsapparat in Nordrhein-Westfalen. SPD und Bündnis90/Die Grünen distanzieren sich von dem Bericht. Ein ähnlicher Fall kann sich in NRW jederzeit wiederholen. Das Bundesinnenministerium sieht die Sache einerseits entspannt und andererseits keinen Bedarf zur Registrierung der hier ankommenden Ukrainer, die Bundespolizei warnt vor einer Wiederholung der Fehler von 2015, Arbeitgeber aus der Pflege- oder IT-Branche frohlocken, weil die ukrainischen Kriegsflüchtlinge zeitnah eine Arbeitserlaubnis bekommen und ukrainische Offizielle stellen Forderungen. Eine rechte Kakophonie also, die gerade deshalb gut zur Gesamtlage passt … Endlich sind sie am Ziel, die Anhänger einer Polizeiarbeit, die Data Mining in Heuhaufen voller zusammengewürfelter Informationen aus diversen Quellen als die Krone moderner Polizeiarbeit ansehen. Was POLICE-IT seit Jahren angenommen hatte, wurde heute offiziell bestätigt: Der Rahmenvertrag des Bayerischen Landeskriminalamtes für das Projekt VeRA ging an die deutsche Tochtergesellschaft des US-Anbieters Palantir. Das ist ein Dammbruch mit fatalen Folgen … Bei der Kreispolizeibehörde in Kleve (Niederrhein) wird für eine Vollzeitstelle eine Tarifangestellte/r (m/w/d) für „Ermittlungen in Datennetzen“ gesucht. Es handelt sich, heißt es einschränkend, um Aufgaben im Rahmen der „Sachfahndung“. Darunter versteht man in der Polizei die Suche nach verlustig gegangenen Kraftfahrzeugen, Fahrrädern, Waffen oder Einbruchsbeute etc. Mit einer klaren Positionierung seines Unternehmens an der Seite des US-Militärs kam Dr. Alex Karp, der CEO von Palantir, der Veröffentlichung eines flauen Jahresergebnis 2021 zuvor. Das sollte, gerade aus deutscher Perspektive, erhebliche Vorsicht aktivieren, bevor dieser Firma die weitere Verbreitung in deutschen Sicherheitsbehörden ermöglicht wird. Die Presseabteilung mancher Polizeibehörde ähnelt einer geschlossenen Auster. Kaum kriegt sie eine nicht genehme Anfrage, schon macht sie dicht … Einschlägig aufgefallen sind in den letzten Wochen das Polizeipräsidium Brandenburg, das LKA Thüringen und das Bayerische LKA. An der gestrigen Sitzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Causa Amed A. wollte ich als Pressevertreter teilnehmen. Das verhinderte der Ausschussvorsitzende. Der mich vor Beginn der Sitzung aufforderte den Raum zu verlassen. Mit einer Begründung, die sich später als unzutreffend erwies. Im Untersuchungsausschuss zum Tod des Amed A. in unrechtmäßig herbeigeführter Haft wird am vorletzten Sitzungstag der Gutachter gehört. Seine Feststellungen können die Kardinalfrage allerdings nicht beantworten. Umso mehr rückt Innenminister Reul in den Fokus, dessen Haus verantwortlich dafür ist, dass ein bekannter Kardinalfehler im IT-System ViVA über Jahre ignoriert und nicht korrigiert wurde und der der Auslöser war für die Ereignisse, die zum Tod von Amed A. führten. Hessendata, die Big Data Analyse- und Auswerteplattform der hessischen Polizei, stammt vom umstrittenen US-Anbieter Palantir. Unser Gastautor, Giel Ritzen, hat sich mit der Frage beschäftigt, ob und wenn ja, welche Datenschutzgesetze für Hessendata überhaupt anzuwenden sind. Lesen Sie hier eine Kurzfassung seiner Analyse (in englisch).
Polizeiliche Informationstechnik in Zeiten der Haushaltssperre
Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur automatisierten Datenanalyse und seinen Folgen
Regelungen in Hessen und Hamburg zur automatisierten Datenanalyse für die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten sind verfassungswidrig
Ein herber Rückschlag für Hessen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern und alle Verfechter von VeRA.
Hoffnungen auf Verbesserung polizeilicher Texte durch Chatbot GPT – eine Statusaufnahme
Keine Antworten zu DAR aus dem Innenministerium NRW
Einheitliches Asservatenmanagementsystem eAMS – Aktueller Stillstand, fragliche Zukunft
Heuchler von der CDU
Top-Insider von Rola bzw. T-Systems als neue Lobby-Vertreter von Palantir
BMI macht Accenture zum Generalunternehmer für Polizei 2020
Datenschutz-Negativpreis für Polizei und Bundeskriminalamt
Kennzeichnungspflichten im BKA-Gesetz – unbefristet ausgesetzt
Fall Amad A: „Unvergleichliches und blamables Rechtsstaatsversagen“
Ukrainische Kriegsflüchtlinge – zur aktuellen Sach- und Rechtslage
Dammbruch! Palantir gewinnt den Rahmenvertrag für Data Mining in der deutschen Polizei
Sachfahndung nach T-Shirts
Für wie dumm hält die KPB Kleve eigentlich ihre Mitbürger??
„America first“: Warum Vorsicht geboten ist, wenn Palantir die nationalistische Karte zieht
Bedingt pressefrei …
Rausschmiss aus der öffentlichen Sitzung des PUA III im Landtag NRW
Der eigentliche Skandal im Fall Amed A. führt ins Innenministerium
Hessendata and its Impact on Personal Data Protection and Privacy