Aussagen über die Leistungsfähigkeit polizeilicher Informationssysteme wurden in der Vergangenheit meist am grünen Tisch getroffen; und zwar von Polizeiexperten, die weder die zu beurteilenden Systeme (ausreichend) kennen, noch über die für eine qualifizierte Beurteilung nötigen IT-Grundkenntnisse verfügen. Vorlieben und Interessen der entsendenden Behörden prägen deren Entscheidungen. Als Ergebnisse solcher Bewertungen werden Vorstudien, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Gutachten oder Dokumente mit ähnlich pompösen Bezeichnungen verfasst und den politischen Entscheidungsträgern vorgelegt. Der Zweck dieser Produkte besteht ausschließlich darin, den Entscheidern eine formelle Grundlage zu liefern für eine Entscheidung, die faktisch längst getroffen ist. Produkte, die nicht in Bild passen, werden dann passend (negativ) zurechtgeschrieben, auf wundersame Weise um einige hunderttausend Euro teurer gerechnet, als dies dem tatsächlichen Angebot des Herstellers entspricht oder es wird behauptet, dass ein eingeführtes System auf Bundesebene, wie mit Inpol-Fall geschehen, für den PIAV „nicht geeignet“ sei, ohne dass es dafür irgendeine objektiv nachvollziehbare Begründung gibt.
Ein praktischer Leistungsvergleich – und sein Ergebnis
In einem einzigen, mir bekannten Fall gab es in den letzten Jahren einen praktischen Leistungsvergleich und zwar in Vorbereitung der Einführung des PIAV (siehe unten, 10): Dabei wurden die drei Fallbearbeitungssysteme getestet und verglichen, die sich bei Länderbehörden seit Jahren im praktischen Einsatz befinden, also das System von Rola, das von Polygon und Crime, das Fallbearbeitungssystem der IT-Kooperation. Die drei Systemen sollten ihre Eignung unter Beweis stellen, kriminalistisch relevante Informationen unter Verwendung des standardisierten Informationsmodells Polizei (IMP) richtig und vollständig zu erfassen und miteinander auszutauschen.
Die Vorbereitung dieses Tests war untadelig: Ein Arbeitskreis mit Vertretern der Polizeibehörden aller am Test beteiligten Länder bereiteten die zu stellenden Aufgaben vor. Die ganz klare Ansage, die vor den Tests mitgeteilt wurde, lautete: Wer die Tests nicht besteht, ist raus! Nachbesserung während des Tests ist unzulässig! Vertreter der Hersteller haben beim Test nichts verloren!
Die Tests selbst zogen sich in mehreren Testrunden über mehrere Wochen hin. Man testete gründlich und umfassend und mit steigenden Anforderungen. Die Testergebnisse wurden von den Testvorbereitern gesichtet und gemeinsam bewertet. Was dabei herauskam, erlaubte eine klare Bewertung der drei Produkte, gemessen an den ursprünglich genannten Anforderungen.
Im Abschlussbericht über diese Tests, wieder mal ein Dokument, das Entscheidungen der politischen Ebene vorbereiten sollte, fanden sich die Ergebnisse der Tests dann doch nicht wieder. Sondern Statements, die es den Ländern erlaubten, an ihren früher beschafften Fallbearbeitungssystemen fest zu halten. In der guten Hoffnung, dass die schon leisten würden, was der PIAV von Ihnen verlangt. Diese Hoffnung wird sich nicht erfüllen, so meine persönliche Prognose. Man wird dann zum Allheilmittel in solchen Fällen greifen und die Anforderungen entsprechend reduzieren. Bei PIAV hat man ja bereits Erfahrungen mit diesem Vorgehen …
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