Bundeskriminalamt: Neuer IT-Direktor ist ein externer Berater

Neuer IT-Direktor beim Bundeskriminalamt, seit 1.6.2020 interimsweise eingesetzt, ist ein externer Berater. Eine öffentliche Ausschreibung zur dauerhaften Besetzung der Funktion ist „voraussichtlich für Anfang/Mitte 2022 geplant“.
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Die Abteilung Informationstechnik (IT) des Bundeskriminalamts

Eine von elf Fachabteilungen des BKA

Die Abteilung Informationstechnik (IT) im Bundeskriminalamt ist eine der elf Fachabteilungen der Behörde.

(C) https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/DasBKA/Organisation_Aufbau/organigramm_neu.pdf
Auszug aus dem Organigramm des BKA per 01.07.2020

Aufgaben der Abteilung Informationstechnik des BKA

Sie ist – so die Worte des BKA selbst – der

Zentrale IT-Dienstleister für die deutsche Polizei
Die Abteilung Informationstechnik (IT) ist nicht nur für das BKA zentraler IT-Dienstleister, sondern erfüllt diese Aufgabe im Rahmen der Zentralstellenfunktion für die gesamte Polizei von Bund und Ländern. So betreibt das BKA eine moderne, hochverfügbare und außerordentlich leistungsfähige IT-Infrastruktur, die die ideale Basis für den Betrieb gemeinsamer IT-Verfahren darstellt.

Das BKA stellt mit dem polizeilichen Informationssystem INPOL, der biometrischen Recherche (z. B. DNA-Analyse-Datei , Fingerabdrucksystem AFIS), der Oberen Netzebene des nationalen Polizeinetzes, sowie der Anbindung an internationale Informationssysteme die zentrale Infrastruktur für die gesamte deutsche Polizei zur Verfügung. Daneben bietet das BKA den Polizeien des Bundes und der Länder auch eine Vielzahl weiterer IT-Services an, wie beispielsweise mobile polizeiliche IT, Cloud-Services und Infrastrukturen zur Entgegennahme großer Bild- und Videodatenmengen aus der Bevölkerung.“

Mitarbeiter

„Die Mitarbeiter von IT sorgen für einen reibungslosen Ablauf des polizeilichen Informationsaustausches und entwickeln IT-Services für das BKA und die Länderpolizeien.“
IT beschäftigte 2013 rund 400 Mitarbeiter. Genaue Zahlen über den aktuellen Personalstand der Abteilung – im Bezug auf die inzwischen rund 7.000 Mitarbeiter des Bundeskriminalamts insgesamt – sind derzeit nicht öffentlich bekannt.

IT-Direktor des BKA

Der IT-Direktor des BKA ist der Leiter der Abteilung IT; er verantwortet damit die Leistungen und Ergebnisse seiner Abteilung und vertritt sie BKA-intern, wie auch als Repräsentant des BKA in IT-relevanten Arbeitskreisen auf Bund-Länder-Ebene bzw. im zwischenstaatlichen und supranationalen Kontext. So ist der IT-Direktor des BKA zum Beispiel der oberste Repräsentant seiner Behörde in Bund-Länder-Projekten (INPOL, PIAV, Polizei2020) und in Arbeitskreisen des AKII der Innenministerkonferenz bzw. dessen Unterorganisationen.

Der aktuelle Stelleninhaber ist ein externer Berater

Im Frühjahr 2020 wusste der Buschfunk zu berichten, dass für Marcus Milas, den bisherigen Stelleninhaber, ein Nachfolger gesucht würde. Auf eine erste Anfrage erfuhr POLICE-IT vom BKA, dass „die Position des IT-Direktors im Bundeskriminalt derzeit vakant“ ist und dass ein Auswahlverfahren läuft, um die Stelle zu besetzen.

Im August dann erfuhr POLICE-IT auf erneute Anfrage, dass sich das BKA dazu entscheiden habe, „die dauerhafte Besetzung des IT-Direktors erst im Jahr 2022 [kein Schreibfehler!] in Angriff zu nehmen“. Weiter hieß es, die Funktion werde …

„interimsweise von einem befristet unter Vertrag genommenen externen Berater wahrgenommen. Es handelt sich um Herrn Peter Ehrmann. Herr Ehrmann ist seit 25 Jahren in verschiedenen Rollen und Führungspositionen in der IT tätig. In dieser Zeit konnte er umfangreiches Fachwissen und Erfahrung u.a. im Betrieb, Programm Management, Coaching und Veränderungsmanagement sammeln. Zu seinen beruflichen Stationen gehören neben internationalen IT-Unternehmen, die Bundesnetzagentur, sowie staatsnahe Unternehmen wie die Deutsche Telekom und die Deutsche Bahn.
Herr Ehrmann konnte sich in einem Auswahlverfahren unter mehreren von einer Personalberatungsfirma benannten Personen durchsetzen. Mit der Firma besteht ein Rahmenvertrag des Bundes.
Eine öffentliche Ausschreibung ist erst wieder zur dauerhaften Besetzung der Funktion für voraussichtlich Anfang/Mitte 2022 geplant.“

Hintergründe?

Es ist zumindest ungewöhnlich, dass die Stelle eines so hochrangigen Abteilungsleiters des Bundeskriminalamts über einen so langen Zeitraum nicht mit einem verbeamteten Stelleninhaber besetzt wird.

Auch der Zeitpunkt und die Gründe für das Ausscheiden des bisherigen Stelleninhabers – Marcus Milas – sind nicht bekannt. Ihn findet man aktuell wieder im Rang eines Ministerialdirigenten und Leiters der Abteilung V – Verwaltungsdigitalisierung – im hessischen Ministerium für digitale Strategie und Entwicklung. Welches, genau betrachtet, eine Abteilung der hessischen Staatskanzlei unter Ministerpräsident Volker Bouffier ist.

Externe Berater als Führungskräfte im IT-Bereich der Bundessicherheitsbehörden werden allmählich üblich

Die Besetzung so hochrangiger und strategisch wichtiger verbeamteter Führungspositionen in den Sicherheitsbehörden des Bundes mit kurzfristig verpflichteten, externen Beratern wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen: Aus Gründen

  • der mangelnden Transparenz,
  • des Ausschlusses von Interessenkonflikten,
  • der Verpflichtungen aus dem Beamtenrecht
  • und nicht zuletzt aufgrund der öffentlich weitgehend transparenten und begrenzten Bezahlung

Das Beispiel des Projektleitungsjokers Holger Gadorosi im Bundesinnenministerium

Das ist inzwischen anders. Wie auch die mehrfache Berufung des Freiberuflers Holger Gadorosi bestätigt. Eine Art „Joker“, den das Bundesinnenministerium immer dann für spezifische Projektleitungsaufgaben einsetzt, die aus Sicht der Ministeriums strikt in dessen Sinne kontrolliert und gesteuert werden sollen. POLICE-IT hatte über die bemerkenswerten Berufungen und Dotierungen von Herrn Gadorosi schon mehrfach berichtet. [A, B]

Welche taktischen Funktionen sind – ggf – dem neuen IT-Direktor des BKA zugedacht?

Die Art der Stellenbesetzung des externen IT-Direktors im BKA ähnelt dieser Praxis. Ist der neue IT-Direktor also der „Joker“ des BMI direkt in der Abteilungsleitungsebene des BKA?

Oder fällt ihm die zukünftige Funktion zu, das Projekt PIAV zum Abschluss zu bringen und dessen Ergebnisse zu vertreten? Denn nach aktueller Mitteilung, die POLICE-IT kürzlich aus dem Bundesinnenministerium erhalten hat, sollen die noch ausstehenden PIAV-Dateien für Arzneimittelkriminalität, Falschgeldkriminalität, Geldwäsche, Korruption, Politisch motivierte Kriminalität, Organisierte Kriminalität, sowie Wirtschafts- und Umweltkriminalität bis zum 15.11.2022 in den Wirkbetrieb gehen. Sollte auch daraus wieder nichts werden, wie schon bei den vielen Ankündigungen zu PIAV-Ausbaustufen zuvor, hätte man mit dem nun berufenen externen IT-Direktor zumindest das, was in Amerika als ‚scapegoat‘ bezeichnet wird, einen Sündenbock.

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[A]   Wenn IT-Projekte in Schieflage geraten, setzt das BMI den Projektleitungsjoker Gadorosi ein: Gadorosi – Joker des BMI für strategische IT-Projektsteuerung, 25.07.2019 von Abbe

[B]   Holger Gadorosi – der aktuelle Projektleitungsjoker des BMI als Gesamtprogrammleiter für Polizei 2020: Polizei 2020: Gadorosi neuer Gesamtprogrammleiter, 07.08.2019

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