Ohne die Schwarzfahrt am 04.07.2018 hätte sich das Leben von Amad A. anders entwickelt. Denn die polizeiliche Sachbearbeitung seiner erneuten „Beförderungserschleichung“ an diesem Tag legte den Grundstein für seine unrechtmäßige Festnahme zwei Tage später. Die führte drei Monate später zu seinem Tod.
Lesedauer: Ca. 20 Minuten
Teil 1 der Serie ‚Wenn Daten töten – Der Fall des Syrers Amad A.‘
Polizeiliche Sachbearbeitung einer Beförderungserschleichung in der Polizei Krefeld
Zwei Beamte der Kreispolizeibehörde (KPB) Krefeld wurden am 04.07.2018, kurz nach sechs Uhr morgens zum Hauptbahnhof Krefeld gerufen. Amad A. war (wieder einmal) nachts Zug gefahren, ohne gültige Fahrkarte. Ein Kontrolleur hatte ihn erwischt und die Polizei informiert. Am Hauptbahnhof in Krefeld holten ihn zwei Polizeibeamte aus dem Zug und brachten ihn zur Polizeiwache Süd, gleich um die Ecke.
Anfangs zwei, im weiteren Verlauf bis zu fünf Polizeivollzugsbeamte waren bis gegen Mittag mit der polizeilichen Sachbearbeitung dieser Straftat [b] beschäftigt.
Die Identität war rasch festgestellt
Amad gab bei der ersten Befragung seinen Namen an, auch fand man in seinen Taschen mehrere, nicht bezahlte Strafzettel für frühere Schwarzfahrten mit seinem Namen drauf. Mit diesen Angaben war er im polizeilichen Informationssystem ViVA der nordrhein-westfälischen Polizei, im zentralen Verbundsystem INPOL-Z und im Schengen-Informationssystem (SIS) registriert.
Weit mehr als hundert Datenbankabfragen
Dennoch führten bis zu sechs Polizeibeamte an diesem Vormittag mehr als hundert Abfragen nach ihm durch: Mit verschiedenen Varianten seines Namens (Amed | Ahmed | Amad | Ahmad) und zwei verschiedenen oder auch gar keinem Geburtsdatum. Auffällig ist, dass jeder/jede Beamte/in diese Abfragen für sich durchführte. Ganz so, als gäbe es in den Polizeidatenbanken etwas zu entdecken, was die Kollegen übersehen haben könnten.
Immerhin lieferten die Abfragen die Erkenntnis, dass Amad A. unter der Führungspersonalie AMED Amed und dem bei der Ersterfassung von einem Beamten angenommenen Geburtsdatum 01.01.1992 in INPOL-Z und ViVA gespeichert war. In seinem Datensatz gab es vier andere Personalien, nämlich Varianten seines Namens mit Amed | Ahmed bzw. Amad | Ahmad und dem tatsächlich zutreffenden Geburtsdatum 13.07.1992. In der Regel gehen solche Varianten von Namen bei der Übertragung aus anderen Schriftsystemen darauf zurück, dass der erfassende Beamte den Namen anders verstanden hat oder einen arabischen Namen anders in eine deutsche Schreibweise überträgt. Ich fand in tausenden von Dokumenten keinen einzigen Hinweis darauf, dass Amad A. jemals zu Täuschungszwecken einen falschen Namen benutzt hätte.
Es übernimmt die Kriminalpolizei
Gegen halb elf Uhr war die Strafanzeige gegen Amad A. fertiggestellt. Der Einsatzführer und eine Kollegin brachten den Amad daraufhin von der Polizeiwache Süd zum nicht weit entfernten Polizeipräsidium Krefeld. Dort übernahm eine Beamtin aus einem Kriminalkommissariat die weiteren Ermittlungen: Es folgte die Belehrung des Beschuldig-ten und deren Protokollierung, dann seine Vernehmung durch erst einen Beamten, dann die Ermittlungsführerin. Die dann auch noch eine erneute erkennungsdienstliche Behandlung anordnete.
Zu diesem Zeitpunkt existierende ED-Behandlungsergebnisse von Amad A.
Über Amad existierten zu diesem Zeitpunkt allein in INPOL-Z die Ergebnisse von drei ED-Behandlungen aus dem Jahr 2016. Es herrschte also kein Mangel an Lichtbildern und auch nicht an einer sehr ausführlichen Personenbeschreibung, die eine Vielzahl von unveränderlichen Merkmalen dokumentierte, darunter insbesondere zahlreiche große Narben an Brust und Beinen.
Bei jeder ED-Behandlung waren auch seine Finger-/Handflächenabdrücke abgenommen und danach beim BKA mit dem Gesamtbestand aller dort gespeicherten Fingerabdrucksätze verglichen worden. Danach war klar, dass ein Fingerabdrucksatz neu war und eindeutig: Das bedeutet, dass es in der Sammlung von Millionen solcher Fingerabdrucksätze beim BKA keinen anderen Satz mit identischen Fingerabdrücken gab. Amad A. bzw. sein Fingerabdrucksatz hatten daher eine neue, eindeutige Nummer erhalten, die so genannte D-Nummer. Die wurde als weiterer Bestandteil seiner Identifikationsdaten in seinem INPOL-Z-Datensatz aufgenommen. Amad A. war damit seit 2016 ein eindeutig identifizierter Mensch in INPOL-Z. Im polizeilichen Informationssystem ViVA des Landes Nordrhein-Westfalen wurde seit einem Vorfall im Oktober 2017 eine Kopie dieses INPOL-Z-Datensatzes gespeichert und bei Bedarf fortgeschrieben.
Aufgrund dieser früheren Überprüfungen war dokumentiert, dass Amad A. unter der Führungspersonalie AMED Amed *19920101 in INPOL und ViVA gespeichert war, dass es zu ihm fünf Namensvarianten in jeweils leicht unterschiedlicher Schreibweise gab, mal mit dem angenommenen Geburtsdatum 01.01.1992 und mal mit dem zutreffenden Geburtsdatum 13.07.1992. Es stand aber vor allem fest, dass sich alle diese Namensvarianten auf ein- und dieselbe Person bezogen, von der es den immer gleichen Fingerabdrucksatz gab, eine ausführliche Personenbeschreibung und diverse Lichtbilder.
Anordnung einer erneuten ED-Behandlung
Die zuständige Ermittlungsführerin ordnete dennoch erneut eine ED-Behandlung an mit der Begründung,
- es lägen ungenannte weitere Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten vor,
- der führe mindestens vier Personalien
- und es bestehe der Verdacht, dass er sich illegal in D aufhalte.
- Und aus all diesen Gründen könne davon ausgegangen werden, dass er unter den unterschiedlichen Personalien weiterhin Straftaten begehen werde. Daher sei es unumgänglich, neues ED-Material von dem Beschuldigten zu erhalten, um die Beweisführung in weiteren Verfahren zu erleichtern.
Faktische Fehler in der Begründung
Die einzelnen Behauptungen in dieser Begründung sind latent negativ für Amad A. Denn es war nicht er, der „unter verschiedenen Namen Straftaten begangen“ hatte. Sondern bei seinen drei ED-Behandlungen war sein Name von den ED-Sachbearbeitern der Polizei in einer jeweils leicht unterschiedlichen Variante erfasst worden. Er hielt sich auch nicht „Illegal in Deutschland“ auf, sondern ihm war seit dem 10.05.2018 subsidiärer Schutz nach §4, Abs. 1 AsylG gewährt worden, was auch in der Ausländerakte zu sehen war. Und Anhaltspunkte dafür, dass Amad A. früher einmal einen falschen Namen zu Täuschungszwecken bei der Begehung von Straftaten benutzt hatte, fand ich in tausenden von Dokumenten nicht.
Unlogik der Begründung
Auch die Logik dieser Begründung erschließt sich nicht: Von Amad A. lagen mehrfach gefertigte, übereinstimmende Fingerabdrücke vor. Ferner Lichtbilder, die seine – nach Zeugenaussagen und der in INPOL-Z registrierten Personenbeschreibung – erheblichen Narben dokumentierten. Vor allem die machten ihn nach seinem Tod und den fürchterlichen, beim Zellenbrand erlittenen Brandverletzungen noch eindeutig identifizierbar. Weder Fingerabdrücke, noch solche Narben konnten sich in den zweieinviertel Jahren seit der ersten ED-Behandlung verändern.
Über ihre latent negativen Einstellung gegenüber Amad A. hinaus ist ein Motiv bzw. Vorsatz bei der Ermittlungsführerin nicht zu erkennen. Tatsache ist dennoch, dass ihre Anordnung erst die Voraussetzung schuf für dessen erneute ED-Behandlung. Bei der dann, wie schon bei den drei früheren ED-Behandlungen, auch wieder ein „Name bei ED-Behandlung“ erfasst werden musste. Und der konnte auch ganz anders lauten – wie wir noch sehen werden und damit zu fatalen Folgen für Amad A führen.
Zeitgleich: Suche nach einem Sexualstraftäter in der KPB Kleve
Dreißig Kilometer weiter im Norden war am Vormittag des 04.07.2018 ein Kriminalbeamter in der Außenstelle Geldern der Kriminalpolizeibehörde Kleve mit Ermittlungen zu unaufgeklärten Sexualdelikten beschäftigt. Da war einerseits aus dem Juni 2018 die Belästigung der Mitarbeiterin einer Spielhalle, die dem Amad A. zur Last gelegt wurde. Und andererseits aus dem Mai des gleichen Jahres eine Vergewaltigung, von der es vom angeblichen Täter ein Phantombild gab.
Auch dieser Beamte führte am Vormittag des 04.07.2018 diverse Abfragen nach dem Amad A. in den verschiedenen polizeilichen Informationssystemen durch. Auch er nutzte zur Suche verschiedene Namensschreibweisen. Und beschäftigte erst sich und dann seinen Vorgesetzten mit der Frage, ob nicht der Amad A. dem Phantombild ähnlich sähe, das nach Angaben der Geschädigten dieser Vergewaltigung erstellt worden war. Wenige Tage später stellte sich heraus, dass die ganze Vergewaltigung erfunden war, und somit auch das Phantombild der Phantasie der angeblich Geschädigten entstammte. Das gegen Amad A. deshalb betriebene strafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde aufgrund dessen eingestellt, wegen „erwiesener Unschuld“.
Sowohl in Krefeld als auch in Kleve: Diverse Datenbankabfragen nach einem gewissen Amedy G.
Es wurden später im Rahmen der polizeiinternen Ermittlungen auch Auszüge aus den Abfrageprotokollen zur Verfügung gestellt, das sind Protokolle über Abfragen, die in ViVA bzw. INPOL getätigt wurden. Daraus ließ sich ablesen, dass mehrere der mit Amad A. befassten Beamten aus Krefeld und der Sexualdeliktsbearbeiter aus Kleve am Vormittag des 04.07.2018 nicht nur nach Amad A. gesucht hatten: Sondern jeweils im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit auch gezielt Abfragen in INPOL nach einem gewissen Amedy G. durchgeführt hatten.
Jener Amedy G. hatte mit dem Amad A. nichts zu tun und auch sonst keine Bezüge zu NRW oder der Polizei dort. Ein Datensatz über den Amedy G. war nur deshalb überhaupt in ViVA gespeichert, weil gegen den Mann zwei Haftbefehle vorlagen, der aber unbekannten Aufenthalts war und er daher bundesweit zur Fahndung und Festnahme sowie Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben war. In solchen Fällen werden Personen „vollparallel“ gespeichert, d.h. sowohl in INPOL-Z als auch jedem INPOL-Landessystem. Nur aus diesem Grund war auch in ViVA ein Datensatz über den Amedy G. vorhanden.
Durchführung der erneuten ED-Behandlung
Aufgrund der Anordnung der Ermittlungsführerin machte sich also am 4.7.2018, zwischen 11 und 12 Uhr ein ED-Sachbearbeiter im PP Krefeld daran, den Amad A. erneut zu fotografieren, Finger- und Handflächenabdrücke zu nehmen und dessen Personalie bei der ED-Behandlung zu erfassen: All das sind Pflichteingaben bei jeder ED-Behandlung!
Bei der ED-Behandlung wird aus dem Syrer ein „Nordafrikaner“
Anschließend erfasste dieser Sachbearbeiter ein bemerkenswert kärgliches Set an äußerlichen Merkmalen, wie z.B. braune Augen und braune Haare und vermerkte noch, dass der Syrer Amad A. von ’nordafrikanischem‘ Phänotypus sei. In früheren ED-Behandlungen war der Syrer als ‚westasiatisch‘ kategorisiert worden. Zugegeben, auch das ist ein interpretationswürdiger Begriff; doch ’nordafrikanisch‘, dieser Phänotypus war seit den Ereignissen vom Kölner Domplatz an Silvester 2015 den dunkelhäutigen Menschen aus den südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeers vorbehalten, also Menschen aus Tunesien, Algerien, Marokko.
Das war sie wieder, eine kleine, falsche, tendenziell negative Angabe über den Amad A., wie auch schon im Fall der Ermittlungsführerin. Im Einzelnen vielleicht eine „Kleinigkeit“, in Summe jedoch Anlass zu der Frage: Was veranlasst eine die Ermittlung führende Kriminalbeamtin und einen ED-Sachbearbeiter dazu, Angaben einzugeben und zu speichern, die nicht den Tatsachen entsprechen?
Diese Frage lag, wesentlich später, auch ausführlich dargelegt und bewiesen der Staatsanwaltschaft vor. Die zog es allerdings vor, auf diesen ganzen Komplex überhaupt nicht einzugehen. Was, wie sich noch herausstellen wird, zu deren Modus Operandi wurde, wenn sich unangenehme Erkenntnisse in den Weg stellten.
Bundesweit einheitliche Regeln, auch für ED-Behandlungen und deren Daten
Für die Erfassung der Daten einer ED-Behandlung wird natürlich auch das polizeiliche Informationssystem, in NRW aus der Systemfamilie ViVA, verwendet. Für die Funktionsweise dieser ‚ED-Komponente‘ gibt es für alle deutschen Polizeibehörden die gleichen Regeln. Sie sind niedergelegt im INPOL-Manual, dem Regelwerk für die Komponenten des INPOL-Verbundsystems. Und damit verbindlich für alle INPOL-Teilnehmer, und somit auch für das Land Nordrhein-Westfalen.
Die ED-Behandlung wird noch nicht „abgeschlossen“
Die Erfassung einer solchen ED-Behandlung kann „abgeschlossen“ werden. Das bedeutet, dass sie dauerhaft gespeichert und mit dem nächsten Schwung einer periodisch laufenden Datenlieferungen an das Bundeskriminalamt übermittelt wird für einen Abgleich mit den dort gespeicherten Daten. Sie kann allerdings auch zunächst nur gespeichert und später wieder aufgerufen werden. Was sinnvoll ist für den Fall, dass der ED-Sachbearbeiter später noch einzelne Angaben nachtragen oder schon erfasste Daten ändern will.
Im hier vorliegenden Fall hat der ED-Sachbearbeiter am Mittwoch, dem 04.07.2018 die ED-Behandlung nur gespeichert. Erst am Montag, dem 09.07. morgens hat er diese Daten erneut aufgerufen, bearbeitet und endgültig abgeschlossen. Dabei hat er erneut falsche Daten eingegeben, nämlich behauptet, dass die ED-Behandlung selbst auch erst am 09.07.2018 DURCHGEFÜHRT worden sei. Was ihn dazu veranlasst hat, ist unklar. Nachfragen bzw. Ermittlungen dazu wurden, soweit hier bekannt, nicht durchgeführt.
Das LKA sagt: Der ED-Sachbearbeiter nahm an, dass der Amad A. und Amedy G. ein- und dieselbe Person seien
Ein halbes Jahr nach dem Tod von Amad A., im April 2019, wird in einem Auswertungsbericht des Landeskriminalamts an das Polizeipräsidium Krefeld zu lesen sein, dass der mit Amad beschäftigte ED-Bearbeiter „angenommen“ habe, dass der Amad A. und ein Malier namens Amedy G. ein- und dieselbe Person seien. Dieser Malier spielte bis dahin für die Polizei in NRW überhaupt keine Rolle.
Wir wissen nur, dass die Ermittlungsführerin und einige andere Polizeibeamte am Vormittag des 04.07.2018 Abfragen nach diesem Amedy G. in INPOL durchgeführt haben. Wie sie überhaupt auf den Amedy G. gestoßen sind, ist unbekannt.
Jeder von ihnen hatte die Möglichkeit, sich das Ergebnis dieser Abfrage, also den Datensatz von Amedy G. genau anzusehen. Und daran zu erkennen, dass nach dem Amedy G. gefahndet wurde. Weil gegen ihn zwei rechtskräftige Urteile vorlagen: Zum einen, um eine Ersatzfreiheitsstrafe für eine nicht bezahlte Geldstrafe abzusitzen und zum zweiten, um eine mehrmonatige Freiheitsstrafe aus einem weiteren Urteil zu verbüßen. Diese Haftbefehle waren sofort vollstreckbar. Jeder Polizeibeamte, der Amedy G., den Besitzer dieser Haftbefehle, verhaften würde, konnte ihn auf der Grundlage dieser Haftbefehle in einer Justizvollzugsanstalt einliefern.
Was machte die Staatsanwaltschaft aus diesem Auswertungsergebnis des Landeskriminalamts?
Wie das LKA zu dieser Behauptung kam, von der „Annahme der Identität“, ob überhaupt und, wenn ja, welche Ermittlungen dazu angestellt wurden, erschloss sich aus dem von mir ausgewerteten Unterlagen allerdings nicht.
Den deutlichen Hinweis im Auswertungsbericht des LKA vom April 2019 auf diese „Annahme“ des ED-Sachbearbeiters hat die Staatsanwaltschaft bei ihrer Einstellungsverfügung aus 2019 völlig ignoriert, es wirkte, als habe die Oberstaatsanwältin, die die Einstellung der anhängigen Ermittlungsverfahren verfügt hatte, diesen Sachverhalt überhaupt nicht gelesen.
In einem Schriftsatz der Anwälte der Eltern von Amad A. vom Dezember 2020, in deren Auftrag ich eine technische Auswertung der Unterlagen vorgenommen hatte, wurde daher erneut ausführlich dargelegt und bewiesen, dass und warum diese ED-Behandlung als plausible Ursache für eine Datensatzzusammenführung in Frage kommt. Doch, Sie ahnen es vermutlich schon: Auch diesen Aspekt hat die Staatsanwaltschaft vollkommen ignoriert. Ermittlungen, wie der ED-Bearbeiter zu seiner Annahme gekommen ist, wurden nicht geführt. Weder er selbst, noch seine Kollegen aus dem PP Krefeld, insbesondere die Ermittlungsführerin, die die ED-Behandlung angeordnet hatte, wurden – soweit hier bekannt ist – von der Staatsanwaltschaft nicht vernommen. Ein Ermittlungsverfahren gegen diese Personen ist, soweit hier bekannt, auch nicht eröffnet worden.
Fragen nach der ED-Behandlung als möglicher Ursache für die Datensatzzusammenführung wurden nie beantwortet
Im Rahmen der polizeiinternen Ermittlungen nach dem Tod von Amad A. hat das Polizeipräsidium Krefeld diese ED-Behandlung mehrfach angesprochen: Und beim LKA und dem LZPD mehrfach dezidiert angefragt, ob die ED-Behandlung die Ursache gewesen sein kann für eine unbeabsichtigte Datensatzzusammenführung. Selbst im Schlussvermerk der Ermittlungsführerin vom 06.08.2018 über die Beförderungserschleichung ist diese Mutmaßung schon formuliert.
Denn eine solche Datensatzzusammenführung geschah, wie Sie gleich noch erfahren werden, genau in diesen Minuten am Vormittag des 04.07.201, in denen auch der ED-Sachbearbeiter tätig war. Doch eine Antwort auf diese Frage war in den tausenden von Seiten Unterlagen nicht zu finden.
Auffallend war allerdings ein ziemlicher „Hick-Hack“ zwischen den Behörden wegen der Beantwortung dieser Frage nach dem Tod von Amad A. Bei der sich das LZPD wenig kooperativ zeigte. Letztlich dauerte es bis zum April 2019, bis das Polizeipräsidium Krefeld zu dieser und anderen Fragen überhaupt eine zwischen Landeskriminalamt und LZPD abgestimmte Antwort erhielt. Die allerdings auf die gezielte Frage nach der ED-Behandlung nicht einging.
Die mehrfachen Rollen des Landesamts für Zentrale Polizeiliche Dienste im Fall Amad A.
Das LZPD ist eine technische Oberbehörde im Geschäftsbereich des Innenministeriums des Landes NRW; verantwortlicher Betreiber der polizeilichen Informationssysteme und deren Datenbanken. Aber auch Projektverantwortlicher für die Systemfamilie ViVA in NRW und gemeinsam mit dem Hersteller, einer Tochterfirma von T-Systems, auch der Entwickler des Systems.
Im LZPD wird ferner ein Sachgebiet unterhalten für die Auswertung der Protokolle über Veränderungen an bzw. Abfragen von Daten aus ViVA. Sämtliche Auszüge aus diesen Protokollen, die in diesem Fall eine Rolle spielen, wurden von einem Mitarbeiter aus diesem Sachgebiet, meist an das LKA, herausgegeben.
Im Protokollauszug fehlen zwischen dem 4.7.2018 und dem 09.07.2018 diverse Einträge
Sehr befremdlich ist, dass ein Auszug des Protokolls über die Veränderungen am ViVA-Datensatz von Amad A. ab dem 04.07.2018 mittags offensichtlich manipuliert wurde. Es fehlen darin sämtliche Einträge über Veränderungen, die es aufgrund der ED-Behandlung bzw. aufgrund der Datensatzzusammenführung (auf die später noch einzugehen ist), definitiv gegeben haben muss. Einträge fehlen sogar bis zum 09.07.2018 morgens, also auch vom Freitag, dem 06.07.2018, dem Tag der Festnahme von Amad A. nach dem Vorfall am Baggersee.
Was durch die Erfassung einer ED-Behandlung mit der Personalie eines Menschen geschehen kann
In INPOL, dem Verbundsystem der deutschen Polizeibehörden, gelten für alle INPOL-Teilnehmer einheitliche Regeln. NRW ist mit dem System ViVA ein INPOL-Teilnehmer. In ViVA werden INPOL-relevante Informationen über Personen, Sachen und Fälle gespeichert, die für das Land Nordrhein-Westfalen relevant sind. Und aus INPOL-Zentral wird jeweils zeitnah eine Kopie aller Personendatensätze (die alle INPOL-Teilnehmer betreffen), für die Fahndungen existieren.
Verbundregeln von INPOL für die Erfassung von ED-Behandlungen
Eine der Regeln in INPOL betrifft die Informationen, die bei einer ED-Behandlung zu erfassen sind. Der Polizeibeamte, der die ED-Behandlung durchführt, muss
- erst einmal den Datensatz der Person finden, die erkennungsdienstlich behandelt werden soll. Denn nur solche Personen, die im INPOL-Teilnehmersystem bereits vorhanden sind, dürfen auch ED-behandelt werden.
- Im nächsten Schritt muss der Polizeibeamte Verwaltungsdaten für die ED-Behandlung erfassen: Wann sie durchgeführt wurde, in welcher Dienststelle, wer sie veranlasst hat und aufgrund welcher Rechtsgrundlage und ähnliches.
- Im dritten Schritt muss er die Personalie der Person (noch einmal) erfassen, die da gerade ED-behandelt wird. Denn diese Personen-Angaben (Namen, Geburtsdatum, etc). dienen für die Fingerabdrücke, Lichtbilder und Personenbeschreibung, die in den nächsten Schritten genommen werden, wie ein Etikett und besagen: Die Person, zu der diese Abdrücke, Lichtbilder, Personenbeschreibung gehört, wurde am Tag der ED-Behandlung festgestellt unter dieser Personalie …
- und der dann folgt die Aufnahme der Bilder, der Fingerabdrücke und die Erfassung der Beschreibung der äußerlichen Merkmale.
Der Name = die Personalie der Person, die erkennungsdienstlich behandelt wird
Jeder Sachbearbeiter, der in einem INPOL-Teilnehmersystem eine ED-Behandlung vornimmt, muss also Namensangaben zu der Person machen, die er da erkennungsdienstlich behandelt. Das gilt auch für ViVA.
Niemand kontrolliert, welcher Name da tatsächlich eingetragen wird. Man vertraut auf die Redlichkeit und Korrektheit des Beamten. Nichts spricht jedoch im vorliegenden Fall gegen die Vermutung, dass dieser Sachbearbeiter, der nach Aussage des LKA „angenommen“ habe, dass der Amad A. und ein gewisser Amedy G. ein- und dieselbe Person seien, dann auch bei der ED-Behandlung die Personalie von Amedy G eingetragen hat. Wenn er dies angenommen hat, konnte er doch gar nichts anderes eintragen, oder nicht?! Das wäre zwar eine Fake News, denn vor ihm stand definitiv der Amad A. Diese Fake News KÖNNTE aber den weiteren Verlauf der Dinge erklären.
ViVA und ein gewisser (mitunter fachlich fehlerhafter) Übereifer beim Abgleich von Personalien
Denn vom System ViVA wissen wir inzwischen aufgrund mehrerer Beobachtungen, dass es sehr eifrig ist, wenn es um den Abgleich von Personalien geht. Und dabei mitunter über das fachlich zulässige Ziel hinauszuschießen scheint. Ein Beispiel ist der auch im parlamentarischen Untersuchungsausschuss öffentlich ausgeführte Übereifer bei der Erzeugung von Kreuztreffern. Der so weit geht, dass selbst solche Personen als angebliche „Kreuztreffer“ (=mögliche Identitäten) präsentiert werden, die außer Allerweltsbegriffen in der Personalie, wie Amed oder „Thomas“ oder „Müller“ oder einem an die dreihunderttausend Mal vorkommenden Geburtsdatum 01.01.1992 bei Asylbewerbern NICHTS gemeinsam haben.
Ein anderes Beispiel ist der Abgleich von Personalien nach ED-Behandlungen, von dem hier die Rede ist. Und ein drittes Beispiel der Abgleich von Personalien bei der Erfassung von Haftnotierungen, worüber in einem späteren Kapitel noch zu berichten sein wird.
Wie die Namensangabe der ed-behandelten Person zu einer Datensatzzusammenführung führen kann
Die Angabe des Namens Amedy G. im Mussfeld ‚Personalie bei ED-Behandlung‘, könnte im ViVA-System einen Abgleichs-Automatismus ausgelöst haben. Der feststellen soll, ob es die neu hinzugefügte Personalie (nach unserer Annahme: Amedy G.) im Personendatenbestand von ViVA bereits gibt.
Warum eine Datensatzzusammenführung in diesem Fall nie hätte passieren dürfen
Ein solcher Abgleich hätte am 04.07.2018, kurz vor Mittag, zu dem Ergebnis kommen müssen, dass es sowohl einen Datensatz in ViVA über den Amad A., als auch über den Amedy G. gab.
Allerdings haben die beiden Personen ViVA-Datensätze mit unterschiedlichen D-Nummern. Das bedeutet, dass ihre Fingerabdrucksätze unterschiedlich sind. Das besagt im INPOL-Kosmos – und ja auch nach gesundem Menschenverstand! – dass es hier um unterschiedliche Personen geht. Solche Nummern kann eine Software automatisiert miteinander vergleichen. Dazu braucht es noch nicht einmal „KI = künstliche Intelligenz“!
Wenn ViVA also diesen Vergleich vorgenommen hätte, so hätte – ganz egal , ob durch den ED-Sachbearbeiter oder durch wen auch immer –eine Zusammenführung von Datensätzen von zwei definitiv nicht identischen Personen nie passieren dürfen!
Dass es offensichtlich dennoch dazu kam, ist ein schwerer fachlicher Fehler der eingesetzten Software. Er ist zu vertreten von den Projektverantwortlichen und Mit-Entwicklern des Systems ViVA im LZPD.
Umso befremdlicher ist das weitere Verhalten des LZPD bzw. seiner Mitarbeiter im „Fall“ Amad A.:
- Manipulationen am Auszug des Veränderungsprotokolls, der von einem LZPD-Mitarbeiter dem LKA vorgelegt wurden und von dem ein Ausschnitt (im LZPD-Analysebericht vom 25.04.2019) auch gegenüber Staatsanwaltschaft und parlamentarischem Untersuchungsausschuss verwendet wurde;
- Löschung von Daten, die wohl am 04.07.2018 in den Datensatz von Amad A hineingemischt worden waren am 21. und 23.08.2018 August 2018 durch MitarbeiterInnen des LZPD; nachdem dort der „Fehler“ bei der Datensatzzusammenführung offensichtlich festgestellt worden war. Doch den „Fehler“ in der Wirklichkeit, nämlich die unberechtigte Inhaftierung des Amad A. hat dennoch niemand korrigiert und den Mann unverzüglich freigelassen. Könnte der Amad A: also noch leben, wenn dies geschehen wäre?!
- Die Präsentation der Hypothese von der Datensatzzusammenführung durch die Regierungsangestellte aus Siegen-Wittgenstein.
Eine „Erklärung“,- die sieben Monate nach dem Tod von Amad A. überhaupt erstmals präsentiert wird,
- und die mutmaßlich veranlasst wurde durch den MONITOR-Bericht vom 04.04.2019 über vorliegende Indizien auf Datenmanipulationen
- die in den Ergebnissen der polizeiinternen Ermittlungen aus dem Herbst nicht nur keine Rolle spielte,
- sondern in deren Verlauf das LZPD dezidierte Fragen über mögliche ViVA-Softwarefehler als Ursache für die fehlerhafte Datensatzzusammenführung in rüder Art und Weise verweigert hat.
- Eine Erklärung, in der fehlende Beweise ersetzt sind durch schwammige Formulierungen, wie es „gibt keinen anderen Schluss als anzunehmen, …“ u.ä.
Kurz also: Eine Erklärung, auf die im folgenden Absatz noch näher einzugehen ist …
Die Sachbearbeiterin aus der Kriminalaktenhaltung in Siegen-Wittgenstein
Zufällig ebenfalls am Vormittag des 04.07.2018 war eine Regierungsangestellte bei der Kriminalpolizei in Siegen-Wittgenstein mit Datenerfassungsarbeiten beschäftigt, die den Amad A. betrafen. Denn in dieser Behörde wurde noch immer die Kriminalpolizeiliche Personenakte (KPA) von Amad A. geführt, weil Amad im Jahr 2016 über Burbach im Kreis Siegen-Wittgenstein nach NRW gekommen war und daher dort zuerst eine KPA für ihn angelegt worden war.
Die nachgewiesenen Tätigkeiten der Datenerfasserin
Kurz nach Mittag am 4.7. rief sie den Datensatz von Amad A. auf und trug einige Daten ein, die ein Vorkommnis aus dem April 2018 betrafen. Man im Veränderungsprotokoll des Datensatzes von Amad A. insgesamt acht Einträge dieser Nutzerin, die vor allem Formalien betreffen, wie z.B. die Verlängerung einer Aussonderungsprüffrist. Mit dem Ereignissen vom gleichen Vormittag im PP Krefeld oder in der KPB Kleve haben diese Einträge nichts zu tun. Gleiches gilt für das automatisch geführte Protokoll der kriminalpolizeilichen Personenakte von Amad A. Aus den paar Einträgen dort ist zu sehen, dass es sich um Nachträge zu einem BTM-Vorfall in Duisburg aus dem April 2018 handelt.
Einträge im Protokollauszug zwischen 4.7. und 9.7.2018 fehlen
Danach bricht der vorliegende Auszug aus dem Veränderungsprotokoll des Amad A.- Datensatzes ab. Einträge über weitere neue Daten und/oder Veränderungen am Datensatz von Amad A. bis zum folgenden Montag, dem 9.7.2018 fehlen. Es liegt also kein Protokollauszug vor über die ED-Behandlung am 4.7.2018 – die wurde erst am 9.7. nachgetragen. Es gibt keinerlei Eintragungen über seine Gewahrsamnahme und die Affäre am Baggerloch am 6.7.2018. Und auch keine über seine Festnahme und Einlieferung in die JVA Geldern am Abend des 6.7.2018.
Erst sieben Monate später wartet das LZPD auf mit der These von der Datensatzzusammenführung durch die Datenerfassungskraft
Sieben Monate nach dem Tod von Amad A., am 04.04.2019, hatte das Politmagazin MONITOR einen ersten Bericht gebracht über Datenmanipulationen im Fall Amad A [1]. Das rief Innenminister Reul in eine Fragestunde des Landtags, und veranlasste, dass das Landeskriminalamt unter dem Datum 23.04.2019 einen seit Herbst 2018 vom PP Krefeld angeforderten Auswertungsbericht herausgab und dass das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD), der Mitentwickler und Projektverantwortliche von ViVA, am 25.04.2019 seinen „LZPD-Analysebericht“ vorlegte.
Darin tauchte erstmals überhaupt, die Hypothese auf, dass die Datenerfassungskraft in Siegen-Wittgenstein die Datensätze von Amad A. und Amedy G. am 4.7.2018 zusammengeführt haben soll. Ganz deutlich wird das allerdings in beiden Dokumenten nicht ausgedrückt. Das LZPD spricht vielmehr davon, dass „kein anderer Schluss bleibe“. Als Grund wird gemutmaßt, dass der Angestellten ein Kreuztreffer angezeigt worden sei, der sich ergäbe aus dem Namensbestandteil Amed und dem Allerwelts- Geburtsdatum 01.01.1992.
Dieses Geburtsdatum wurde bei ca. dreihunderttausend Asylbewerbern immer dann eingesetzt, wenn das konkrete Geburtsdatum der Person nicht nachgewiesen war. Es ist also als Kriterium für einen Kreuztreffer aufgrund seiner Häufigkeit denkbar ungeeignet.
Und der weitere Namensbestandteil, der zum Kreuztreffer geführt haben soll, sei „Amed“, der sowohl bei Amad A. mehrfach vorkommt, als auch als Geburtsname in einem der elf Alias-Personalien des Amedy G.
Auf die auf der Hand liegende Überlegung, dass sich dieser Kreuztreffer dann am Morgen des 4.7.2018 doch auch schon den diversen anderen Polizeibeamten hätte zeigen müssen, die hunderte von Abfragen nach dem Amad A. durchgeführt hatten, gingen weder das LKA, noch das LZPD in ihren Auswertungs- bzw. Analyseberichten ein. Und die Staatsanwaltschaft ignorierte später, Sie ahnen es bereits?! – auch diesen Vortrag.
Die Beweislage für die LZPD-Hypothese …
.. ist dürftig, um nicht zu sagen: nicht existent. Lediglich Indizien sprechen dafür, dass ab dem 04.07.2018 Datengruppen aus dem Datensatz des Amedy G. in den Datensatz von Amad A. hineingemischt worden waren: Und zwar dessen eine Führungs- und elf Alias- Personalien, sowie die vier offenen Fahndungsnotierungen, die den Amedy G. betrafen.
Irgendeine Kopie dieses zusammengeführten Datensatzes vom 04.07.2018 existiert nicht, jedenfalls nicht in den Unterlagen. Spätestens nach dem Tod von Amad A. hätte dieser Datensatz jedoch gesichert und aufbewahrt werden müssen, wie im Polizeigesetz des Landes NRW vorgeschrieben. Ausdrucke des zusammengeführten Datensatzes vom gleichen Tag existieren ebenfalls nicht. Die von späteren Tagen sind unvollständig (z.B. der vom 06.07. zur Anforderung der Haftbefehle beim LKA Hamburg: Dort fehlen drei Seiten, auf denen die Namen des / der betroffenen Personen stehen müssten!)
Es existiert, wie schon gesagt, aus dieser Zeit auch nur ein manipulierter Auszug aus dem Veränderungsprotokoll des ViVA-Datensatzes von Amad A. Sämtliche Änderungen bzw. Ergänzungen am Datensatz von Amad A. seit dem 4.7. um 12:08 Uhr und bis zum Montag, dem 09.07. um 08:50 Uhr fehlen und somit auch jeglicher Protokolleintrag, der beweisen würde, dass die Datensatzzusammenführung durch die Datenerfassungskraft so stattfand, wie das LZPD das behauptet.
Umgekehrt fragt man sich doch: Wenn dies tatsächlich so geschehen sein soll: Welchen Grund gab es dann, aus dem Veränderungsprotokoll die Einträge von fünf fallentscheidenden Tagen herauszuschneiden?!
Es gibt dazu auch keine Personenbeweise
Die Angestellte aus Siegen-Wittgenstein wurde im parlamentarischen Untersuchungsausschuss gehört und konnte die „offizielle Hypothese“ nicht bestätigen. Ihr damaliger Vorgesetzter sagte, dass die Nutzung der Funktion ‚Datensatzzusammenführung‘ für sie strikt verboten war. Und eine Kollegin von ihr sagte aus, dass sie die Kenntnisse gar nicht hatte, um eine Datensatzzusammenführung durchzuführen.
Doch das alles waren ja Fragen zu einer neun Monate nach den Ereignissen von Anfang Juli 2018 erst nachgeschobenen Erklärung.
Das Unheil für den Amad A.jedoch, das mit der polizeilichen Sachbearbeitung am 04.07.2018 seinen Anfang genommen hatte, das nahm schon zwei Tage später seinen Lauf … siehe dazu ‚Wenn Daten töten: Fall Amad A. (2): Festnahme mit Haftbefehl eines anderen‚, erschienen am 02.03.2021
Quellen
[1] Tod in der Zelle: Wurde der Syrer Amad A. Opfer von Polizeiwillkür? – MONITOR vom 04.04.2019
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/kleve-jva-100.html
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MONITOR berichtete am 04.04.2019 über einen Vorgang in der Polizei Nordrhein-Westfalen und Hamburg, den man bisher so nicht für möglich gehalten hätte … [B] Wenn der Minister berichtet …, 11.04.2019
https://police-it.net/wenn-der-minister-berichtet
Innenminister Reul stellte sich am 10.04.2019 im Düsseldorfer Landtag einer Fragestunde zum Fall der Verfälschung von Namensangaben in INPOL, die den Syrer Amad A. dauerhaft hinter Gitter brachte. Dabei waren ihm zwei Dinge wichtig: Eine Datenmanipulation habe durchaus stattgefunden, aber eben nicht in NRW. Auch Fehler bei der Identitätsüberprüfung habe es gegeben. Aber gegen die beiden daran beteiligten Polizeibeamten habe er Disziplinarverfahren eingeleitet und ermittle die Staatsanwaltschaft. Das allein genügt allerdings nicht, um Polizei und Politik in NRW von ihrer Verantwortung zu befreien. [C] Probleme mit Kreuztreffern im NRW-Polizeisystem ViVA, 17.06.2020
https://police-it.net/probleme-mit-kreuztreffern-im-nrw-polizeisystem-viva
„Riesenprobleme“ habe es gegeben mit Kreuztreffern im NRW-Polizeisystem ViVa. Das berichtete ein Zeuge im parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Heureka! Die Software ist schuld. Ist diese Erklärung wirklich haltbar?! Ich halte sie für widerlegbar aus mehreren, triftigen Gründen . Auch wenn sie – vor der Sommerpause – den erklärten „politischen Interessen“ nützt, die gerade die CDU im Ausschuss so massiv betont. [D] Nur die Spitze des Eisbergs?, 17.09.2020
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In der Polizei Nordrhein-Westfalen ist eine rechtsextreme Chatgruppe aufgeflogen. 29 Polizeibeamte sind mit straf- bzw. disziplinarrechtlichen Maßnahmen konfrontiert. Innenminister Reul kündigte mit markigen Worten Gegenmaßnahmen an. Im „PUA-Kleve“-Untersuchungsausschuss zur unrechtmäßigen Inhaftierung des Syrers Amad A., könnte die CDU-Mehrheit demonstrieren, dass diese Ankündigung der neue politische Wille in NRW sind – und endlich für Aufklärung sorgen. [E] Fall Amad A.: Manipulationen an Protokoll und Daten, 17.01.2021
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Manipulationen an einem beweisrelevanten Protokoll und die klammheimliche Korrektur von Daten schüren weitere Zweifel an der offiziellen Erklärung im Fall Amad A. [F] Fall Amad A.: Polizeidatenbank ViVA machte aus zwei NICHT identischen Menschen einen, 02.02.2021
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Wenn erkennungsdienstlich von der Polizei behandelte Personen unterschiedliche Fingerabdrücke haben, darf es nicht zu einer Datensatzzusammenführung kommen. Weil dann vom Bundeskriminalamt nach einer daktyloskopischen Auswertung ihrer Finger-/Handflächenabdrucksätze bestätigt ist, dass diese Personen NICHT identisch sind. Amad A. und der datenmäßig mit ihm „zusammengeführte“ Amedy G. hatten definitiv unterschiedliche Abdrucksätze, d.h. unterschiedliche D-Nummern. Ein Vergleich dieser D-Nummern durch Software ist leicht möglich. Eine fachlich qualifizierte, mit den INPOL-Regeln konforme Software hätte den Unterschied erkennen müssen. [G] Was unternimmt IM Reul, um zu verhindern, dass ViVA auch in Zukunft nicht identische Menschen zusammenführt?, 05.02.2021
https://police-it.net/was-unternimmt-im-reul-dagen-dass-viva-erneut-nicht-identische-menschen-zusammenfuehrt
Wieder einmal liegen Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft Kleve vor zu Ermittlungsverfahren gegen Polizei- und Justizbeamte im Fall des Syrers Amad A.: In seinem Fall wird häufig der Vergleich angestellt mit dem tragischen Tod des Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau. Abgesehen von der Gemeinsamkeit des Brandes in der Zelle sehe ich wenige, bewiesene Übereinstimmungen. Ganz im Gegenteil halte ich den Fall des Amad A., für weitaus gravierender, wenn man ihn als Prototypen für einen möglichen Modus Operandi, also eine Vorgehensweise durch Polizei- bzw. Justizbeamte gegenüber Menschen ansieht, die ihnen (zeitweise) anvertraut sind. Dieser Modus Operandi kann sich wiederholen! Denn es kam im Fall Amad A. zur Herstellung einer Datenlage im polizeilichen Informationssystem. Die es so aussehen ließ, als seien der Syrer Amad A. und der Malier Amedy G. ein- und dieselbe Person. Infolgedessen kam es zur Verhaftung und Einlieferung des Amad A. in die JVA. Zehn Wochen später war Amad A. nicht mehr am Leben. Dafür war ein krass regelwidriges Systemverhalten von ViVA mitverantwortlich.
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