Eine gut funktionierende externe Kontrolle der Polizei existiert nicht.
[Warum das so ist, steht weiter unten.] Daher ist jedermann gut beraten, selbst auf sich, seine Daten und seine Rechte aufzupassen. Und ein offenes Auge und Ohr dafür zu haben, dass und wie durch Polizeivertreter und Medien Information gesteuert und Meinung manipuliert wird, wenn es um solche Themen geht.
Wozu Polizei ja in erheblichem Maße beiträgt, weil so gut wie alles ‚hinter den Mauern einer Polizeidienststelle‘ als geheim behandelt wird. Also hat kaum jemand eine Chance zu erfahren, was dort eigentlich von wem gemacht wird und warum.
Polizei begründet ihren Geheimhaltungsdrang ja gerne – und berechtigt – mit dem notwendigen Schutz von personenbezogenen Daten. Die kann man schützen indem man Namen, Adressdaten und ähnliches durch Platzhalter ersetzt (Anonymisierung). Polizei spricht auch nicht gerne über ihr Tun, weil die ‚Offenlegung von polizeitaktischen Maßnahmen‘ nicht gewünscht ist. Das erinnert doch sehr an Frontstellung im Krieg und eine Überzeugung, dass ALLE, die nicht Polizei sind auf der anderen Seite stehen. Das ist eine Haltung der Polizei, die Verständnis für die berechtigten Interessen von Bürgern nach mehr Transparenz schmerzlich vermissen lässt.
Die Haltung der meisten Bürger gegenüber Polizei ist geprägt von Respekt und Vertrauen. Das erklärt sich zum großen Teil aus deren noch immer vorhandenen und berechtigten Nimbus als ‚Freund und Helfer‘.
Deutschland‘ im November 2019; Quelle: https://www.kas.de/de/einzeltitel/-/content/respekt
Polizei genießt unter vergleichbar respektablen Berufsgruppen einen erheblichen Respekt-Vorschuss. Das besagt eine Studie im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung. Rund eintausend Befragte gaben im November 2019 an, dass sie glauben, dass 16% in der Bevölkerung der Polizei „sehr viel“ und weitere 26% „viel“ Respekt entgegenbringen. Die gleiche Studie fand allerdings auch heraus, dass immerhin 31% der Befragten selbst „früher mehr“ Respekt vor der Polizei hatten, im Osten Deutschlands sogar 40%. Noch immer hat Polizei also einen erheblichen Vertrauensvorschuss in der Bevölkerung, viele unterstellen ihr also nichts Falsches oder für einen selbst Schädliches zu tun.
Unbestreitbar gibt es stetig Nachrichten über Fehler und Fehlverhalten in der Polizei. Was bei einer Berufsgruppe von rund 300.000 Mitarbeitern, die meisten davon Beamte, meiner Ansicht nicht vollkommen plausibel ist. Ich wundere mich allerdings darüber, warum sich nicht viel mehr Leute fragen, ob sie auch Betroffene solcher „Fehler“ der Polizeiarbeit werden könnten.
Viele Menschen scheinen darüber nicht nachzudenken. Oder gehen – ein wenig blauäugig, wie ich finde, davon aus, dass Polizeibeamte schon nichts tun, was ihnen schaden könnte. Um Missverständnisse nicht aufkommen zu lassen: Auch ich gehe im Grundsatz von dieser Annahme aus. Dass Polizeibeamte korrekt arbeiten! Genauso, wie ich davon ausgehe, dass bei der Milchverarbeitung oder Trinkwasserkontrolle die Lebensmittel mit der Sorgfalt behandelt werden, dass Verderb, Schmutz und Verunreinigungen ausgeschlossen sind. Wofür entsprechende Kontrolle installiert sind.
Wer mehr externe Kontrolle der Polizeiarbeit zur Sprache bringt, sieht sich umgehend dem Vorwurf ausgesetzt, DER Polizei zu misstrauen. Das ist Humbug. Hat aber dafür gesorgt, dass sich Polizei inzwischen so sehr an ihren geschützten Zustand gewöhnt hat, dass jegliche Frage nach mehr externer Kontrolle als Majestätisbeleidigung aufgefasst wird. Und dass es, im Ergebnis, nach wie vor keine exerne Kontrolle von polizeilicher Arbeit gibt.
Dazu hat ein ständiges Sperrfeuer der Polizeigewerkschaften beigetragen, die nicht müde damit werden, den Polizeibeamten als eines der ganz großen Opfer der sozialen Entwicklung unserer Gesellschaft darzustellen.
Rainer Wendt, ein Teflon-Funktionär, der, anders als andere, unbeschadet überstand, dass er jahrelang vom Land Nordrhein-Westfalen für Arbeitszeit bezahlt wurde, die er nicht geleistet hat; dieser Rainer Wendt also, der immer noch Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) ist, tut so, als könne es in der Polizei keine Fehler geben. Was allein statistisch bei einer Personalstärke von rund 300.000 Mitarbeitern den Neid so mancher zölibatären Religionsgemeinschaft hervorrufen müsste.
Ein mehrstimmiger Aufschrei aus allen drei Polizeigewerkschaften ertönt immer dann, wenn es ein Politiker, wie zuletzt die Grünen-Fraktion im Bundestag wagt, das Thema eines Polizei-Beauftragten wieder mal aufs Tapet zu bringen. Auch das wäre ein unabhängiger, externer Beauftragter, der sich um die Aufklärung von Fehlern in der Polizei kümmern würde. Jörg Radek, der Bundesvorsitzende des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei, erklärte zum Gesetzentwurf für das Bundespolizeibeauftragtengesetz, es gäbe dafür „keinen Bedarf“ und die voliegende Entwurfsfassung sei „weder verfassungsrechtlich möglich noch notwendig“.
Nicht zu übersehen ist auch eine sehr einseitige Einstellung gegenüber der Polizei in den Innenministerien, die ja die obersten Arbeitgeber der Polizei-Beamtenschaft sind. Man erwartet einerseits – intern – und soweit ich das selbst jahrelang beobachten konnte, Kadavergehorsam auf allen Ebenen der Polizei-Beamtenschaft gegenüber allem, was aus dem Innenministerium so erlassen und verfügt wird. Selbst der größte Unsinn, von dem absehbar ist, welche schwerwiegenden Folgen er haben wird, wird schweigend mitgetragen. Wem das nicht passt, lernt kennen, was Management by Champignon ist, sittsamer gesagt, erlebt das Ende seiner weiteren Karriere.
Man kann den Eindruck gewinnen, dass die Behandlung der Polizei mit Samthandschuhen Teil eines klandestinen Geschäfts auf Gegenseitigkeit ist: Mit dem sich die Innenminister Ge-Folgschaft der Polizei-Beamtenschaft mit entsprechend entgegenkommender Behandlung erkaufen. Erst vor kurzem hat dies wieder der derzeitige Bundesinnenminister demonstriert, als er eine Studie über möglichen Rassismus in der Polizei rundheraus ablehnte. Was dann sogar dem Bundesvorsitzenden des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK) zu weit ging.
Effektive Kontrolle über den Umgang der Polizei mit personenbezogenen Daten können auch die Datenschutz-Aufsichtsbehörden nicht ausüben. Die sind zwar aufgrund der für die Polizei geltenden Datenschutzgesetze beigeordnet, um auf Verstöße im Umgang mit den Datenschutzpflichten zu achten. Nur kann die Datenschutz-Aufsichtsbehörde nicht mehr tun, als mahnend den Finger zu heben und „Du, Du“ zu sagen: Formell korrekt heißt das dann „Beanstandung“. Doch mehr an Sanktionsmöglichkeiten steht ihr nicht zu.
Die Berliner Polizei führt dazu ja aktuell eine Art Musterverfahren: Mit dem sie offensichtlich auszutesten gedenkt, ob sie das bestehende Gesetz einfach ignorieren und sich der gesetzlichen Verpflichtung zur Information der Datenschutz-Aufsicht über konkret benannte Missbrauchsfälle ohne Folgen entziehen kann.
Auch das funktioniert de facto nicht. Aus dem einfachen Grund, dass die lokal für den ‚Tatort‘ in einer Polizeidienststelle zuständige Staatsanwaltschaft die gleiche Behörde ist, mit der diese Polizeidienststelle und ihre Polizeibeamen im Rahmen ihrer „Hilfstätigkeit“ für die Staatsanwaltschaft als Ermittlungsbehörde in Strafverfahren ständig zu tun hat.
Bleibt als letzte Möglichkeit die der internen Kontrolle durch Kollegen und Vorgesetzte. Hierzu zieht sich allerdings, wie ein großes rotes Tau [Faden wäre zu wenig …] , das Gesetz der Omertà durch die Polizeidienststellen. Das besagt, dass Kritisches über Kollegen grundsätzlich nicht (gegenüber Außenstehenden) verlautbart wird. Da andernfalls, wie bei der Mafia, der Ausstoß aus der Gemeinschaft und die soziale und beruflichte Ächtung droht.
Dies meine Kurzfassung von Ergebnissen und Erkenntnissen von Prof. Rafael Behr von der Akademie der Polizei Hamburg, der sich seit Jahren wissenschaflich mit der Kultur in der Polizei und insbesondere deren Umgang mit Fehlern beschäftigt.
Diese Artikelserie will aufräumen mit verbreiteten Missverständnissen über die Abfrage von Datenbanken durch Polizeivollzugsbeamte.
Sie beschäftigt sich in diesem Teil 1 mit
Update vom 29.04.2020
Journalismus, sagt der Doyen der journalistischen Fachausbildung, Wolf Schneider, stehe auf acht Pfeilern. Zwei davon lauten
Diese beiden Pfeiler sind im Beitrag von Tagesschau-Online vom 16.04.2020 – „Landeskriminalämter: Den digitalen Anschluss verpasst“ [1] auf das Gröbste verletzt worden.
Um es gleich vorweg zu sagen: Auch POLICE-IT vertritt seit Jahren den Standpunkt und begründet, dass LICHTJAHRE liegen zwischen dem, was in der Informations- und Kommunikationstechnik der deutschen Polizeibehörden – verglichen mit den Standards in anderen Ländern – technisch möglich UND legal zulässig wäre und dem, was da – für hunderte von Millionen Euro tatsächlich beschafft und im Einsatz befindlich ist.
Dem Artikel aus Tagesschau-Online ist allerdings vorzuwerfen, dass er eine Reihe von Behauptungen enthält über die es aus dem Hamburgischen Senat, der Pressestelle der Polizei Hamburg, sowie der Fachpresse ganz andere Darstellungen und Erklärungen gibt. Und die, soweit sie sich auf den zweiten im Artikel ausgebreiteten Skandal-Fall beim Landeskriminalamt Brandenburg beziehen, mit Digitalisierung nichts zu tun haben. Sondern Auswüchse von schlampiger Asservatenverwaltung und laxer bis mangelhafter Organisation und Führung sind. Die weitgehend hausgemachten enormen Probleme in der deutschen Polizei mit ihrer Informationstechnik fallen bei solcher Art „Nachrichten“ zuverlässig durch den Relevanzfilter.
HINTER die hohen Mauern „der Polizei“ zu schauen, ist ja für Außenstehende unmöglich. Polizei-Beauftragte, die eine gewisse Kontrolle ermöglichen würden, werden dank der Gewerkschaften seit Jahren wirksam vermieden. Polizeiführungen sind überwiegend der Ansicht, dass „Fehler bei uns nicht vorkommen“.
Bleiben als Kontrollinstanz also nur die Datenschutz-Aufsichtsbehörden, zumindest für den Aspekt des Umgangs der Polizei mit den von ihr erhobenen bzw. genutzten Daten. Nach dem Hinweis auf einen sehr lohnenden Film folgt eine Reihe von ernüchternden Fakten zu diesem Thema und zum Schluss ein besonderes Schmankerl aus dem Hause BMI …
Die ‚Welt‘ berichtet am 15.11.2019 von der Aussage eines Beamten aus dem LKA in Nordrhein-Westfalen im Amri-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages: Ein V-Mann aus NRW war demnach monatelang ganz dicht dran am späteren Attentäter vom Breitscheidplatz, Anis Amri. Sollte jedoch abgeschaltet und „kaputtgeschrieben“ werden auf Anweisung von BKA und BMI. Er mache „zu viel Arbeit“. Da tun sich Verbindung auf zur denkwürdigen Veröffentlichung einer Verschlusssache aus dem Bundeskriminalamt – kurz nach dem Anschlag – in der Tagesschau und zu Artikeln der Speerspitze des investigativen Journalismus, Hans Leyendecker, und seines Kollegen, Georg Mascolo, dem Leiter des Rechercheverbunds aus NDR, WDR und SZ in der Süddeutschen Zeitung in jener Zeit. Ein weiteres Mal zeigt sich an diesem Beispiel die fragwürdig enge und intransparente Beziehung von Leyendecker und Mascolo, bzw. des Rechercheverbunds aus NDR, WDR und SZ, mit dem bundesministeriellen und bundesbehördlichen Sicherheitskomplex.
„Es existiert ein Resonanzraum im Netz, wo man sich gegenseitig bestärkt“, sagte BKA-Präsident Münch in einem Interview mit der Rheinischen Post. Diese Äußerung, an sich gemünzt auf Beziehungen zwischen extremistischen Gefährdern und potenziellen Terroristen, trifft offensichtlich auch auf ihn selbst und die perfekte Resonanz seiner Visionen in der ‚Welt‘ und anderen Medien zu, wie die folgende Geschichte erzählt …
Onkel Horst (Seehofer) und Onkel Holger (Münch) gaben sich alle Mühe bei der Vorstellung des Bundeslagebilds OK: Damit nur ja nicht auffällt, dass sie mit leeren Händen dastehen. Die gemessenen Zahlen des (angeblichen) Schadens durch Organisierte Kriminalität sind unglaubwürdig gering. Bereinigt um EINEN Steuerhinterziehungsfall mit einem Schaden von 201 Millionen, verbleiben 480 Millionen, etwa so viel wie der Schaden durch geklaute Kraftwagen im Jahr. Die BKA-Zahlen lassen sich plausibel weder mit Schadenszahlen aus der allgemeinen Kriminalstatistik in Einklang bringen. Noch mit fundierten Schätzungen der Vereinten Nationen und von Europol zum Schaden durch Organisierte Kriminalität. Ähnlich desaströs wie bei der polizeilichen Bearbeitung der Organisierten Kriminalität sieht es auch bei deren Zwillingsbruder, der Geldwäsche, aus. Auch die ist personell, wie fachlich völlig minderbemittelt. Könnte es also sein, dass politischer Wille dahintersteckt? Weil die „Einflussnahme der Organisierten Kriminalität auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft“, eines der wesentlichen Kriterien für OK, schon viel weiter fortgeschritten ist, als Sie und ich bisher geneigt sind anzunehmen?
Schon im Jahre 3 seines allmählichen Werdens zeigt das Vorhaben ‚Polizei 2020‘ erste Ähnlichkeiten mit dem Berliner Großflughafen BER. Zumindest, was die Fluktuation in der Projektleitung angeht. Im Projekt BER wurden in dreizehn Jahren mindestens fünf leitende Führungskräfte berufen [1]. Bei Polizei 2020 ist der erste Gesamtprogrammleiter schon nach zwei Jahren ersetzt. Durch einen freiberuflichen Projektleitungs-Joker, den das Bundesinnenministerium (BMI) schon mehrfach eingesetzt hat. Hier der Bericht über den jüngsten Versuch herauszufinden, was diesen alten Neuen – Holger Gadorosi – aus Sicht des BMI so einzigartig und unverzichtbar macht …
Holger Gadorosi wird vom Bundesinnenministerium (BMI) dann gerne als Projektleiter aufgeboten, nachdem eines der BMI-Megaprojekte in Schieflage geraten ist: So geschehen nach dem Scheitern von INPOL-Neu, das unter Gadorosi zu INPOL-Neu-Neu wurde und erneut mit dem Projekt ‚Netze des Bundes‘, an dem Gadorosi (mindestens) seit 2013 als Co-Projektleiter mitwirkte. Seit dem 1. Juli 2019 ist Gadorosi nun neuer „Gesamtprogrammleiter“ Polizei 2020.
Wir versuchen herauszufinden, welche Qualitäten Herrn Gadorosi aus der Sicht des BMI so wertvoll machen …
Wenn der Einsatzleiter der Hamburger Polizei nach dem G20-Gipfel „476 verletzte Polizeibeamte“ behauptet, jedoch nicht erwähnt, dass mehr als die Hälfte davon schon vor dem Gipfel dienstunfähig war, ist das nur EIN Beispiel für manipulative Fehlinformation durch Polizeiorgane. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) rief jetzt dazu auf, „Meldungen und Informationen der Polizeibehörden in allen Fällen [sic!] kritisch zu hinterfragen“. Gutgläubigkeit von Journalisten ist jedoch nicht das einzige Problem bei Themen mit Polizeibezug: Sachthemen, die für weite Teile der Bevölkerung relevant sind, werden vollkommen links liegen gelassen. Und manche Journalisten / Redaktionen, waren wiederholt sehr hilfreich dabei, interessen-geleitete Darstellungen von Politikern oder Polizei als ‚Tatsachen‘ zu verkaufen.
Strafprozessordnung und Polizeigesetze fordern, personenbezogene Daten in polizeilichen Informationssystemen zu kennzeichnen, um sie vor illegitimer Nutzung und Weitergabe zu schützen. Es ist allerdings sehr fraglich, ob die Polizeibehörden diesen Verpflichtungen schon jemals gerecht geworden sind. Zumal das Ignorieren der Kennzeichnungspflichten bisher ohne Risiko war: Denn die Datenschutz-Aufsichtsbehörden haben entsprechende Kontrollen bisher noch nie vorgenommen.