Fragen an deutsche Polizeibehörden zu Big-Data-Analysesystemen von Palantir
Aus dem Jahresabschluss 2019 der deutschen Palantir-Tochter stellen sich Fragen für Hessendata, das NRW-Projekt DAR und das Projekt VerA
Die Beschaffung begann 201 6. Sie war ein wenig aus der Not geboren: Denn das von Hessen (, sowie HH, BW und BBg) lange Zeit favorisierte und mit eigenen Mitteln entwickelte Fallbearbeitungssystem CRIME musste aus technischen und Sicherheitsgründen ersetzt werden.
Hessendata ist eine Adaption des Systems Gotham der US-Firma Palantir. Seine Beschaffung und Nutzung in Hessen begleiten wir seit Jahren:
Dieses Projekt des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen wurde Anfang 2020 entschieden – ebenfalls für die Plattform Gotham der Firma Palantir.
Das Bayerische Landeskriminalamt hat nach einem Marktsichtungswettbewerb im Jahr 2019 Anfang 2021 einen Teilnahmewettbewerb bekannt gemacht für VeRA, eine „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“. Die Teilnahmebedingungen sind so formuliert, dass es unserer EInschätzung nach sehr unwahrscheinlich wäre, wenn nicht Palantir den Zuschlag erhielte.
Sehr ungewöhnlich an diesem Vergabeverfahren ist, dass Bayern nicht nur für den eigenen Bedarf aktiv wird, sondern eine Art Rahmenvereinbarung schließen möchte, aus der das Bundeskriminalamt und die Polizeibehörden der anderen Bundesländer dieses System abrufen können.
Es handelt sich also faktisch um ein (eingeschränktes) Vergabeverfahren, mit dem in neues Bund-Länder-Verbundsystem vergeben wird.
Es ist kein Zufall, dass alle Systeme für deutsche Polizeibehörden, über die bisher zu berichten war, nämlich Hessendata, DAR in NRW und nun VeRA, von Palantir stammen bzw. – im Fall von VeRA – vermutlich stammen werden.
Hier folgen ALLE bisher erschienen Blogbeiträge zu diesem Thema in zeitlicher Reihenfolge, die jüngsten zuerst.
Aus dem Jahresabschluss 2019 der deutschen Palantir-Tochter stellen sich Fragen für Hessendata, das NRW-Projekt DAR und das Projekt VerA
Palantir Technologies GmbH, der deutsche Ableger des US-Anbieters, ist der Offenlegungspflicht für seinen Jahresabschluss 2019 bisher nicht nachgekommen. Das zuständige Bundesamt für Justiz hat deshalb ein Ordnungsgeldverfahren eingeleitet.
Die Polizei Nordrhein-Westfalen hat an die umstrittene US-Firma Palantir 14 Mio Euro für die „Analyse- und Rechercheplattform“ DAR bezahlt. Die NRW-Landesbehörde für Datenschutz sieht für den Einsatz „keine Rechtsgrundlage“ und hält die Verarbeitung von Echtdaten für „rechtswidrig“. Dieses System könnte bald bundesweit im Einsatz sein …
Unter dem Deckmantel von Polizei 2020 besorgen sich Bund und Länder ein System für „verfahrensübergreifende Analyse- und Recherche (VeRA)“.
Lesedauer: Ca. 10 Minuten
Knapp drei Jahre nach der ersten (bekannt gewordenen) Beschaffung eines Palantir-System für eine deutsche Polizeibehörde stellt sich der Status wie folgt dar: Zwei deutsche Polizeibehörden haben offiziell Palantir-Systeme beschafft. Andere sondieren noch. Und (mindestens) eine versteckte Beschaffung kam inzwischen auch ans Licht.
Den Amoklauf / Anschlag vom 19.02.2020 in Hanau konnte die hessische Polizei auch mit der neuen Analyseplattform Hessendata nicht verhindern. Was verwundert, wenn die aktuellen Nachrichten sich bestätigen, dass der Täter „der Polizei“ schon seit Jahren bekannt war, eine Webseite mit eindeutigen Inhalten im Internet unterhielt und dort schon Tage vor der Tat sein „Manifest“ veröffentlicht hatte.
Welchen Beitrag leistete Hessendata also „vor“ Hanau?
Das LKA Nordrhein-Westfalen hat Palantir für 14 Mio Euro den Auftrag für DAR, das Big-Data-Analyse- und Auswertungssystem erteilt Was rausgekommen ist: Big-Data-Systemeinführung in turbulenten Zeiten für die IT der Polizei in Nordrhein-Westfalen 16.01.2020 Am 15.01.2020 wurde die Vergabebekanntmachung veröffentlicht: Der Zuschlag für das DAR, das Big Data-System für die datenbankübergreifende Analyse und Recherche der Polizei …
Einen großen Erfolg vermeldete der hessischen Innenminister Beuth einen Tag, bevor der Untersuchungsausschuss über Vergabepraktiken in seinem Geschäftsbereich die Arbeit aufnahm. Maßgeblich ging es dabei um die Beschaffung von Hessendata/Palantir. Dank dieser Analyseplattform, so der Innenminister, sei bereits ein bevorstehender Terroranschlag verhindert worden. Eineinhalb Jahre später erging ein Urteil gegen den jugendlichen Angeklagten. Zwei Jahre auf Bewährung, umgehende Freilassung nach eineinhalb Jahren U-Haft.
Hessen ist mit Hessendata schon vorgesprescht. Nordrhein-Westfalen und nun auch Bayern haben sich aufgemacht, eine systemübergreifende Recherche- und Analyseplattform zu beschaffen. Die wie ein Dach über die diversen Datentöpfe gespannt wird, auf die in jeder Polizeibehörde in Deutschland derzeit die relevanten Informationen verteilt sind.
Gibt es derzeit überhaupt Anbieter und Produkte für diese Anforderungen? Führen solche behördenspezifischen Dachsysteme nicht zu einer weiteren Zersplitterung der polizeilichen Informationslandschaft? Was bedeutet diese Entwicklung für Polizei 2020? Und würde die erfolgreiche Einführung nicht zu einer Teil-Autonomisierung der Polizeiarbeit führen, zumindest, was Ermittlung, Analyse und Auswertung angeht?
Noch während des Pilotbetriebs habe die Palantir-Software = Hessendata einen Terroranschlag verhindert. Mit dieser Begründung hat das hessische Innenministerium die freihändige, millionenschwere Beschaffung dieses Systems gerechtfertigt. Beweise für diese Behauptung fehlen allerdings eineinhalb Jahre später immer noch. Auch heute kam das Gericht nicht zu dem eigentlich erwarteten Urteil. Stattdessen wurden weitere Verhandlungstermine angesetzt.